Die Hierarchie ist wieder hergestellt

Nach Bad Königshofens 0:3 im Entscheidungs-Play-off zieht Borussia Düsseldorf ins Finale ein

Es bleibt dabei: Die Saale fließt weiterhin abwärts von Bad Königshofen Richtung Düsseldorf. Die Hierarchie ist wieder hergestellt: Die zwei Besten werden auch die Finalisten um die Deutsche Meisterschaft sein. Es bleibt aber auch dabei, dass die Reise des TSV Bad Königshofen durch die Saison auf Platz 3, in die Play-offs und sogar zu einem Entscheidungsspiel führte, das Düsseldorf wieder 3:0 gewann, war die Sensation der TTBL-Saison. Zumal er im ersten Spiel mit dem 3:1-Triumph am Thron der Borussia rüttelte. Die hat ihre zwei Hausaufgaben gemacht, wie zu erwarten war.

Dennoch gab es in den Play-offs zwei Knackpunkte, an denen der Weg der Königshöfer von Richtung Frankfurt Richtung Rhön-Grabfeld abzweigte. Im zweiten Spiel am Donnerstag, als Bastian Steger im fünften Satz gegen den Europameister Dang Qiu 9:6 und 11:10 führte und 12:14 verlor. Und im Entscheidungsspiel am Sonntag, als wieder Steger im zweiten Einzel gegen Källberg im dritten Satz 9:3 und 10:7 führte, mit 2:1 in Führung gehen und zum 1:1 Gesamtstand hätte ausgleichen können. Erneut endete es tragisch (10:12) für den Helden manch gewonnener Schlacht für den TSV.

Diesmal hatte Itagaki umgestellt, Steger von 2 auf 1, Zeljko von 3 auf 2 und Ueda von 1 auf 3. Basti Steger hierzu:„Wir waren uns einig, Düsseldorf könnte würfeln und wäre immer noch der Favorit.“ Die TSV-Fan-Gruppe, etwa 60, kam aus einem Bus, aus Privatautos und jenen, die von Donnerstag bis Sonntag einen Kurzurlaub am Rhein gemacht hatten. Die Mannschaft konnte die Materialnachteile bei den zwei Auswärtsspielen gemäß Play-off-Statuten, die selbst Timo Boll hinterher anführte, durch zusätzliches Training vor Ort nicht ausgleichen.

Nicht einmal so schlecht schnitt im ersten Einzel Filip Zeljko gegen den Europameister Dang Qiu ab, knöpfte ihm wenigstens den zweiten Satz ab. Im dritten und vierten hatte aber Dang wieder die Hosen an, machte einfach zu wenig Fehler im offenen Spiel. Die Kontrolle ging jederzeit von ihm aus. Als es in den Graben ging, warf Filip mal den Schläger hoch und fing ihn wieder auf. Es war weniger ein Zeichen seiner Lust als seiner Ohnmacht. Dang war schon auf der Schiene Richtung Frankfurt, gewann 11:7/10:12/11:4/11:7.

Das zweite Einzel Källberg gegen Steger war die Revanche für Stegers Sieg im ersten Spiel, wo der Schwede beide Einzel verloren hatte. Der Druck auf Basti hätte größer natürlich nicht sein können bei 0:1-Rückstand, ein Sieg Pflicht. Und wie nahe war er dran, hätte er jenen zweiten Play-off-Knackpunkt überstanden, was mathematisch so einfach aussah. Doch Källbergs Doppel-Ohrfeige vom Pfingstmontag klang immer noch nach. 11:7 für ihn im ersten Satz. Den zweiten gewann Steger 11:7. Große Tragödie dann im dritten. 9:3 führte er, dann saugte sich der Schwede Fehler für Fehler, Punkt für Punkt immer näher ran.

Jetzt konnte jeder verstehen, weshalb er der Spezialist für die Crunchtime, die Phase wenn´s drauf ankommt, ist. Als ob ihn Spielstände bis sieben gar nicht interessierten. Andererseits ist Steger ein mit allen Wassern gewaschener Stratege, dem solche Szenarien nicht unbekannt sind. Vielleicht spielte er auf einmal etwas zu passiv. Vielleicht beherzigte er Itagakis Warnung, das Kurz-kurz-Spiel nicht von sich aus zu öffnen. Källberg verführte ihn aber immer wieder dazu. Trotzdem hatte er bei 10:7 noch drei Matchbälle, verlor dennoch 10:12 – und den vierten Satz 9:11 – zum 0:2-Zwischenstand zur Pause.

Würde danach Jin Ueda die Tischtennis-Ikone Timo Boll ein zweites Mal in Folge besiegen können, der nach eigener Aussage seit zwei Wochen schmerzfrei ist und immer besser in Olympia- „und in Endspiel-Form“ kommt? Natürlich lag bei diesem Zwischenstand brutaler Druck auf dem Königshöfer Japaner. Der im ersten Spiel der Held war, im zweiten minimal unter Topform spielte und in diesem in keiner Phase wirklich der Jin war, der in der Rückrunde nach seiner Sperre und im ersten Play-off so sehr überzeugt hatte. Hier hatte er mit 9:11/5:11/5:11 ratz-fatz verloren.

„Basti war in zwei Spielen überragend, so habe ich ihn lange nicht gesehen“, zeigte Timo Boll im Interview Freude und Respekt zugleich. „Auch Ueda kann auf einem hohen Level spielen. Wenn man dann noch einen Scharfschützen dabei hat, wird es für jeden schwer gegen Bad Königshofen.“ Basti Steger auf die Frage unseres Mitarbeiters, ob´s weh tut heute: „Ein bisschen schon. Die Chance war da, den Ausgleich herzustellen, das Spiel mit 1:1 offen zu halten. Dazu hätte mein Spiel kommen müssen. Geschäftsführer Brauns Sichtweise: „Die Gesamtsaison war sensationell, die Enttäuschung ist jetzt groß. Düsseldorf ist halt Düsseldorf und eine Klasse besser. Das müssen wir anerkennen. Und stolz sein auf die Fans, die insgesamt 20 Stunden im Bus waren. Die Spieler haben alles gegeben, ein Riesen-Erfolg für die Region.“ Und als Steger in den Bus kam, um sich zu bedanken, war er wieder der „Super-Basti, Super-Basti, hey, hey.“

 

Beitragsbild oben: Philipp Wohlfart

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