Die Fernbeziehung vertraglich verlängert

Filip Zeljko fühlt sich in Bad Königshofen pudelwohl und spielt auch im neunten Jahr beim TSV – Für Olympia in Paris ist er bereits qualifiziert

Bad Königshofen  Filip Zeljkos Fernbeziehung mit dem TTBL-Dritten der Saison 2023/24 Bad Königshofen dauert schon länger als ein Drittel aller Ehen in Deutschland. Über die Dauer von Vereinszugehörigkeiten im Profi-Tischtennis sind keine Erhebungen bekannt.

Der Manager des TSV Bad Königshofen Andy Albert ist sich aber sicher, dass die Vertragsverlängerung mit Zeljko kurz vor dem für die Play-off-Teilnahme entscheidenden Spiel gegen Mainz (3:0) „eine absolute Ausnahme in der Liga ist. Er kam zu uns als 18-Jähriger für die zweite Bundesliga. Mit ihm stiegen wir in die TTBL auf, und nun geht er mit uns in seine neunte Saison, die achte in der Bundesliga. Das ist meines Wissens einmalig.“

Erstmals führten wir mit dem in Zagreb lebenden und trainierenden kroatischen Nationalspieler ein längeres Gespräch, in dem der „Speedking“ genannte Publikumsliebling der TSV-Fans Einblick in sein Leben, seine Tischtennis-Karriere und die Gründe für seine Verbundenheit zum Bundesligisten aus dem Grabfeld gewährte. Über seine Karriere nach jener im Tischtennis habe er noch keinen Plan. Vorgesorgt hat er aber parallel zum Sport durch ein vierjähriges Studium, das er als Bachelor of Economics mit der Option auf den Master abgeschlossen hat.

Meister wurde Filip gleich im ersten Jahr beim TSV Bad Königshofen in der 2. Bundesliga zusammen mit Kilian Ort, Richard Vyborny, Marek Klasek und Mizuki Oikawa und einer positiven  Einzel-Bilanz. Die er danach in den sieben TTBL-Jahren nie wieder erreichte. Dabei hatte er mitunter längere Phasen zu überstehen, die ihn und die TSV-Verantwortlichen aber nie ernsthaft zweifeln ließen, am gemeinsamen Weg festzuhalten. Und die Fans schon gar nicht. Es ist ein besonderes Phänomen, dass ein Publikum so sehr an einem Sportler hängt und festhält. Der sich zwar auf eine außergewöhnlich sympathische Weise über gewonnene Ballwechsel und Spiele freuen und jubeln kann, im Durchschnitt aber öfter verliert als gewinnt. Ob so oder so, stimmen die Mitglieder des TSV-Fanclubs Ping Pong Ultras ihr „Filip-Filip-Zeljko“ an und die ganze Arena stimmt mit ein.

Natürlich sehen die Geschäftsführer Andy Albert und Matthias Braun, nicht nur dieses Szenario als Grund, den Vertrag mit Zeljko um ein weiteres Jahr zu verlängern. Ob es dabei nicht doch etwas gemenschelt habe? „Gewiss ist Filip ein ganz hervorragender Typ, ein anständiger Kerl, den man mögen muss“, gesteht Albert. „Ich habe aber auch immer an ihn geglaubt und seine Fortschritte von Jahr zu Jahr gesehen. Den Weg, den wir zusammen gegangen sind, hat auch er mit gestaltet. Er trug seinen nicht unerheblichen Teil zur erfolgreichsten Saison in der Vereinsgeschichte bei.“

Dass Filip nie murrend auf der Bank saß, wenn er in diesen acht Jahren Fernbeziehung mal nicht zum Einsatz kam und die 800 km ohne Spiel, manchmal noch in der Nacht, wieder zurück in seine Heimat fuhr, wird ihm hoch angerechnet. In 19 der 20 Spiele kam er diese Saison zum Einsatz, in 20 Einzeln auf die Bilanz von 7:13 (Vorrunde 2:9, Rückrunde 5:4) und 3:0 im Doppel. Sein Potenzial verraten Siege gegen absolute Weltklasse-Athleten wie Falck, Wang Xi, Duda oder Dang Qiu.

Fußball, Tennis, Golf, Basketball, ja sogar eine Zeit lang Eishockey spielte Filip, der Jüngste von drei Brüdern, als Kind, wenn er mit ihnen und den Sport-begeisterten Eltern „manchmal bis es dunkel wurde, in einem großen Sportzentrum“ verbrachte. Seine Brüder, heute 31 und 29, haben sich auch für Tischtennis entschieden. „Sie spielen hobbymäßig in der kroatischen Super League.“ Ein gewisser Neven Karkovic spielte für Filips Entwicklung eine herausragende Rolle. „Er ist für mich der beste Trainer in der Welt. Er ist mein Coach, seit ich vier Jahre alt war bis zum heutigen Tag. Und seit sieben Jahren ist er auch Trainer der Nationalmannschaft. Alles, was ich kann, habe ich von ihm gelernt.“

Im nationalen Leistungszentrum in Zagreb ist somit auch Filips „Base“. Dort trainiert er zusammen mit dem Kader der Nationalmannschaft, in der er Stammspieler ist. Für die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris hat er sich bei einem Turnier in Tokio qualifiziert: „Ich bin die Nummer 3 und damit für den Team-Wettbewerb nominiert. Die 1 und 2 spielen auch Einzel.“

Für einen Zagreber Verein, „mit Düsseldorf in Deutschland vergleichbar“, spielte Zeljko, „bevor ich ein Jahr in Frickenhausen war und dann eine SMS von Andy Albert bekam, ob ich mir vorstellen könne, nach Bad Königshofen zu wechseln.“ Was er heute für die klügste Entscheidung seines Sportlerlebens hält. Warum? Jetzt funkeln Filips Augen: „Diese Stimmung in der Halle, wenn ich im fünften Satz vor dem Sieg stehe, dieses Feeling ist unbeschreiblich. So etwas gibt es sonst auf der ganzen Welt nicht.“ Apropos Stimmung: „Hier stimmt einfach alles: Die Mannschaft, der Manager, alle Verantwortlichen im Verein, das Team hinter dem Team, alle Helfer, die Physios, die Unterkunft bei meinem Ersatzvater Christian Fischer und diese unglaublichen Fans, besonders die Ping Pong Ultras. Einfach alles. Ich will Andy zurückgeben, was er mir an Vertrauen geschenkt hat.“

Verletzt oder krank war Filip in den acht Jahren kein einziges Mal. „Das kann auch von zu viel Druck und Arbeit kommen. Sagt mein Fitness-Coach, mit dem ich, seit ich 13 war, zusammenarbeite.“ Ein Mal habe er ein bisschen Fieber gehabt.

Filip Zeljko ist ein überaus emotionaler Mensch, weshalb ihn auch das Königshöfer Publikum ins Herz geschlossen hat und über alles andere als eine Vertragsverlängerung enttäuscht gewesen wäre. „Ich brauche diese Mentalität am Tisch für mein Spiel.“ Das habe ihm sein Trainer bestätigt, und seine autodidaktischen Studien japanischer, psychologischer Literatur bestärken ihn zusätzlich. „Ich will jeden Tag ein Prozent besser sein als gestern. Ich will es mehr zu gewinnen als mein Gegner. Mit dieser Winning-Mentalität bin ich am stärksten. Wobei ich weiß, dass ich dabei ruhig bleiben muss. Die Körpersprache muss immer positiv sein. Cassius Clay sagte immer, ich bin der Größte. Eines Tages war er es auch.“

 

 

 

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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Egon Schüler
    2024-05-17 12:12

    Welch ein gelungener Bericht über einen sportlich u.menschlich gleichermaßen wunderbaren Mann,zu dem Philip heranreifte seit ich ihn kennenlernen durfte.Ales Gute weiterhin im Sport wie im Leben wünscht dir Egon.

    Antworten

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