An der Sensation nur geschnuppert

Der TSV Bad Königshofen hatte vorübergehend sogar die Chance, den Champions-League-Sieger 1. FC Saarbrücken TT zu besiegen

Bad Königshofen Der Tischtennis-Bundesligist TSV Bad Königshofen hat sich auch unter den besonders ungünstigen personellen Bedingungen in die Saison hinein gekämpft und ist in ihr angekommen. Diesen Eindruck nahmen jedenfalls die 428 Zuschauerinnen und Zuschauer am Donnerstagabend nach zwei Stunden und 50 Minuten mit in die Nacht. Die Mannschaft von Headcoach Koji Itagaki hat dem amtierenden Champions-League-Sieger 1. FC Saarbrücken TT die Stirn geboten, zwar 1:3 verloren, war aber zwischendurch mal ganz nahe an einer Riesen-Überraschung. Die Saarländer waren nämlich fast in Bestbesetzung angetreten, mit den drei Nationalspielern Patrick Franziska (Weltrangliste-13.) und Darko Jorgic (WR-11.) sowie Cedric Nuytinck (Belgiens Nr. 1). Während bei den Königshöfern der noch gesperrte Jin Ueda auf der Bank saß und Kilian Ort zeitgleich in München auf eine Bandscheiben-Operation am Freitag vorbereitet wurde.

Itagaki hatte im Aufstellungs-Roulette die Eins und Drei wieder getauscht, Steger auf 1, Zeljko auf 3, Allegro blieb auf 2. Von der Intention her eigentlich ein gelungener Schachzug. Schließlich hatte der Ex-Königshöfer Jorgic noch nie gegen Steger gewonnen. Diesmal war es aber so weit, behielt der Slowene (25), mit ganz herzlichem Applaus von seinen ehemaligen Fans empfangen, erstmals, und das verdient, die Oberhand und brachte die Gäste mit 0:1 in Führung.

Die wenigsten Chancen auf einen Sieg hatten die Hausherren ihrem Zweier Martin Allegro gegen den Gäste-Einser, mehrfachen olympischen und WM-Team-Medaillengewinner Patrick Franziska, zugetraut. In Anspielung auf seinen Vornamen und darauf, dass er als einziger Nicht-Chinese der Welt die drei größten Chinesen des letzten Jahrzehnts besiegen konnte, wird er im Fachjargon „Patrick der Drachentöter“ genannt. Allegro, seit bei ihm mit seinem ersten Einzelsieg in der TTBL Sieg in Mainz der Knoten geplatzt ist, kämpfte gegen ihn wie ein Löwe, ließ die Fans bis auf zwei Pünktchen (9:11 im fünften Satz nach 9:8-Führung) an einer Sensation schnuppern. Dabei lag der besondere Reiz der Partie darin, dass Franziska jeweils in der ersten Satzhälfte  enteilte und Allegro dann zur Aufholjagd blies. Zwei Mal war der sympathische Belgier der Glückliche, drei Mal der Unglückliche. Genau so wie gegen Benedikt Duda drei Tage zuvor im Pokal verließ er als Verlierer die Box. Bei einem Sieg und dem folgenden durch Filip Zeljko wäre der TSV 2:1 vorne gelegen und hätte zumindest im Schlussdoppel beste Chancen auf eine Sensation gehabt.

Besonders beeindruckend für den Profisport der heutigen Zeit in dieser Sportart war eine Szene im dritten Satz beim Stand von 4:6 gegen Allegro. Da hob dieser nach einem vermeintlichen, von den zwei Tisch-Schiedsrichtern bereits gezählten, von Franziska nicht reklamierten Punkt die Hand zum Zeichen, da war was. Er deutete sich an die Brust und zupfte am Trikot. Der Saarbrückener nickte, bedankte sich, die Schiedsrichter kapierten: Allegro gab zu, dass der Ball sein Trikot berührt habe, was laut Reglement Punkt für den Gegner bedeutet. Statt 5:6 stand es 4:7. Belohnt wurde er für seine Ehrlichkeit nur vom Applaus des Publikums, nicht mit dem Ergebnis. Ein Lob hinterher wies er zurück: „Das machen doch (fast) alle.“

Filip Zeljko spielt gegenwärtig konstant in bestechender Form, in der besten seiner acht Jahre in Bad Königshofen. Freilich hatte er es einen Tick leichter gegen den Belgier Cedric Nuytink an Position 3. Nach 11:7 und 9:11 brachte der dritte Satz die Vorentscheidung. Was nämlich zunächst mit leichtem Händchen gelungen war, das machte sich auf einmal auch bei diesem lockeren Typen aus Kroatien mit einem schweren Arm bemerkbar. Psychologisch nachvollziehbar, denn diesen Punkt hatte man bei seiner Verfassung als wahrscheinlichsten eingeplant – und nun diese Gegenwehr von Nuytinck. Den Filip aber in diesem vorentscheidenden dritten Satz nach Abwehr von zwei Satzbällen mit 14:12 nieder rang. Den vierten sicherte er sich mit 11:6.

Das vierte Einzel, das Einser-Duell Bastian Steger gegen Patrick Franziska, war das Nationalspieler-Generation-Duell des ehemaligen gegen den aktuellen. Der 42-Jährige lieferte dem 31-jährigen Modellathleten einen Riesen-Fight, glich auch im zweiten Satz (12:10) aus und war im dritten ganz nahe an einer 2:1-Führung. Im vierten rückte Franziska die aktuellen Verhältnisse wieder zurecht und sicherte nach zwei 3:0-Siegen mit 3:1 den dritten Sieg für den Champions-League-Sieger.

TSV Bad Königshofen – 1. FC Saarbrücken TT 1:3

Steger – Jorgic                        0:3

(9:11/7:11/10:12)

Allegro – Franziska                2:3

(8:11/11:7/8:11/12:10/9:11)

Zeljko – Nuytinck                  3:1

(11:7/9:11/14:12/11:6)

Steger – Franziska                  1:3

3:11/13:11/9:11/6:11)

Zuschauende: 428

Vorheriger Beitrag
Nach „Königshofen-Tatort“ zieht der TSV in Pokal-Viertelfinale ein
Nächster Beitrag
Ob mit oder ohne Boll ein Top-Event

Related Posts

Es wurden keine Ergebnisse gefunden, die deinen Suchkriterien entsprechen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.