Mit Indianer-Gebrüll zum Sieg

TTBL

Bad Königshofen stieß den Bock um und gewann zum ersten Mal gegen Ochsenhausen – Kilian Ort war der Vater des Erfolgs

Bad Königshofen (rd) Nun ist auch dieser Bock umgestoßen. Den ersten Sieg im siebten Anlauf des TSV Bad Königshofen gegen den Renommee-Club TTF Liebherr Ochsenhausen hat besonders schön gemacht, dass mit Kilian Ort (1,5 Punkte/Einzel plus Doppel), Bastian Steger (1) und Filip Zeljko (0,5) jeder beitrug. Und hätte Ersatzmann Abdel Salifou ran gemusst, hätte der sich wahrscheinlich auch beteiligt. Darauf ließ jedenfalls der Teamgeist schließen, der vor der Geisterkulisse in der Dr.-Hans-Liebherr-Halle zu spüren, hören und sehen war. Als der Sieg eingetütet war, fassten sich die Spieler, Trainer Itagaki und Physio Jonas an der Hand und machten in die Stream-Kamera hinein die Welle, für ihre Fans daheim und in aller Welt bis hinüber nach Tokio. Es war ein ganz fein justierter 3:2-Sieg, mit 11:10 Sätzen und 199:198 Ball-Punkten, nach drei Stunden und einer Minute.

Gewiss mussten die Gastgeber ihre etatmäßige Nummer 1 Calderano ersetzen. Doch wie oft mussten das die Königshöfer schon! Gewiss gibt die Weltrangliste nicht die aktuell realen Kräfteverhältnisse wieder. Doch Zahlen lügen nicht. Es sei denn, der erheblich tiefer Platzierte wächst erheblich über sich hinaus, was Filip Zeljko diese Saison so leidenschaftlich tut. Da übersprang er bisher schon Klüfte von über 200 Plätzen. Nicht aber gegen den WR-19. Simon Gauzy. Er spielte zwar wieder auf Augenhöhe, verlor alle drei Sätze mit  Minimalabstand. Aufschlag-Rückschlag-Vorteile und feine Unterschiede auf der Rückhand entschieden zugunsten des Franzosen – 9:11, 12:14, 9:11. Eine nicht unerwartete, aber keine zwingend logische Niederlage.

Den Ausgleich besorgte Bastian Steger mit einem klareren, wenngleich über vier Sätze führenden Sieg. Der 18-jährige Pole Samuel Kulczycki wird bestimmt mal ein sehr guter, Steger (39) ist es schon lange und immer noch. Es war ein Sieg der Routine, des Kalküls des Nötigen und der Perfektion in allen Facetten dieses Sports, gegen jugendliche Unbekümmertheit, Aggressivität und Leidenschaft – 1:1-Zwischenstand.

Wer würde in Führung gehen? Der 27. der Weltrangliste Kanak Jha oder der 198. Kilian Ort? Der Aufstellungspoker war aufgegangen. Ort hatte Jha schon einmal schlagen können und schaffte es wieder. In einem höchst spannenden Duell über fünf Sätze, überwiegend auf Weltklasse-Niveau. Der US-Boy war schließlich einer der Auserlesenen, die zum Weltcup-Finale in China geladen und gekommen waren. Doch nur im ersten Satz, 11:9 für Ort, wurden 20 Bälle ausgespielt. Aber auch in den anderen vier steckten alle nur denkbaren Verläufe, Vorsprünge, Ballwechsel der Extraklasse und unerklärlich unnötige Fehler. Ort war durch sein Verletzungspech im letzten Jahr von Jha in jener WR-Liste überrollt worden. Hier wurde er im Duell der Gleichstarken ein Stück weit entschädigt – 2:1 für die Gäste.

Auch das Spitzen-Einzel Gauzy gegen Steger ging über fünf Sätze. Es verlief nahezu identisch in den Sätzen vom ersten bis zum vierten. Mitten drin, im vierten, eine bemerkenswerte, kleine, aber sportlich ganz große Geste von Basti Steger. Beide Schiedsrichter und sein Gegner hatten den Ball zum 8:4 für ihn gesehen, nur er nicht. Er hob die Hand, deutete auf die Tischkante vor sich und bat zu korrigieren, auf 7:5. Hinten raus reichte es dennoch zum 11:9. Nur der fünfte Satz unterschied sich vom Jha-Ort-Duell. Da zog Gauzy schnell auf 0:5 davon und ließ sich nicht mehr einholen – 2:2.

Also Entscheidungs-Doppel, endlich mal, aus Gäste-Sicht, nicht gegen ein Rechts-Linkshänder-Duo. Kilian Ort und Filip Zeljko hatten ja die Woche über in Bad Königshofen trainiert. Aber Doppel! Gegen wen auf diesem Niveau? Doch wer, wie die beiden, im sechsten Jahr in einem Team ist, weiß, wie der andere tickt. Sie waren letztlich auch einen Tick besser eingespielt als Kulczycki/Jha. Die zwischendurch zwar auch brillierten, emotional ebenso alles rein legten. Aber zwei so hoch-emotionale, extrovertierte Energiebündel zusammen am Tisch wie Killy/Filip gibt es kein zweites Mal in der TTBL. Wenn sie jedem Ball, außer Glück- und Zufalls-Bällen, mit Indianer-Gebrüll nach schrien, wackelten die Wände der Liebherr-Halle. Sie sind vielleicht nicht das beste, aber das lauteste Doppel der Liga. Heraus kam diesmal ein 3:1, zum 3:2-Sieg der Unterfranken gegen die Oberschwaben. Gerechter und verdienter wäre nur noch ein Unentschieden.

Ergebnisse:
TTF Liebherr Ochsenhausen – TSV Bad Königshofen 2:3
Simon Gauzy – Filip Zeljko                  3:0 (11:9/14:12/11:9)
Samuel Kulczycki – Bastian Steger      1:3 (8:11/12:10/3:11/8:11)
Kanak Jha – Kilian Ort                         2:3 (9:11/11:8/11:4/8:11/8:11)
Gauzy – Steger                                    3:2 (10:12/11:7/11:4/9:11/11:7)
Kulczycki/Jha – Ort/Zeljko                  1:3 (9:11/4:11/11:7/8:11)
Oberschiedsrichter: Andreas Schenk
Zuschauer: keine