TSV gewinnt in Fulda nach einem Wahnsinns-Spielverlauf

Steger wehrt drei Gesamtmatchbälle ab und führt sein Team mit zwei Einzelpunkten zum Derby-Sieg

Fulda (rd) Wer immer noch daran zweifelte, dass ein TTBL-Spiel wirklich erst dann entschieden ist, wenn der letzte von rund 400 Ballwechseln gespielt und gezählt ist, der bekam bei diesem hessisch-bayerischen Derby in der Fuldaer Hubtex-Arena ab einer guten Stunde vor Schluss eine Lehrstunde.

2:1 stand es nach drei Einzeln für die Gastgeber. Bad Königshofens Bastian Steger lag gegen Ruwen Filus nach Sätzen 1:2 und im vierten 7:10 zurück. Drei Matchbälle zum Sieg für sich und sein Team, Steger einen Schritt vor dem Abgrund. Dann drehte der 70 Königshöfer Fans liebster „Basti-Basti“ den Spieß um. Sonst sagt man, wenn man so einen Satz noch dreht, man habe ihn geklaut. Dieses war aus Fuldaer Sicht ein ganz fürchterlicher Raub, dem Stegers Sieg und der von Ort/Uda im Entscheidungsdoppel folgten: Nicht 1:3 gegen, sondern 3:2 für den TSV Bad Königshofen.

„Viel hätte ich da nicht mehr auf Basti gesetzt“, gestand Kilian Ort hinterher in einem viertelstündigen Livestream-Interview total entspannt und relaxed. Er selber war zuvor Anlass, für sich selber zu verzweifeln, für seine Fans zum Grübeln: Schon wieder verletzt! Wo er doch eine Woche vorher in Glanzform die Bergneustädter „Schwalben“ allein zur Hälfte vom Himmel geholt hatte. Seit Freitag wussten er und die Verantwortlichen es, dass diesmal „der siebte Halswirbel blockierte.“ Man habe sich sicherheitshalber zum Verzicht auf das Einzel entschieden, es aber bis zum Eintrag in den Spielbericht nicht verraten. Ja er habe sich sogar ganz normal eingespielt – und dann Filip Zeljko den Vortritt gelassen. Fürs Doppel, sollte es dazu kommen, war er aber eingetragen: Legales Pokern auf hohem Niveau.

Doch Fulda hatte ebenfalls taktiert und es geschafft, seinen Abwehr-, Lange-Außennoppen-Spezialisten Ruwen Filus (34), der zudem ständig den Schläger dreht, gegen Yukiya Uda zum Eröffnungseinzel zu stellen. Diesen Filus, seit kurzem WR-21., für den Ort schon mehrfach das passende Rezept hatte. Der rang diese japanische Nr. 22 der Weltrangliste in fünf Sätzen nieder. Was für ein enttäuschender Start! Gegen den Vorletzten, das Play-Off-Team der vorigen Saison, in derselben Besetzung! Aber das TSV-Team zeigte sein wahres Gesicht noch, mitgerissen von den empathischen Anfeuerungsrufen der 72 mit Bus und Pkw´s angereisten Fans: zunächst mitleidend, aber ausdauernd anfeuernd, am Ende euphorisch mitfeiernd.

Ihr „Basti“ entfachte wieder das Feuer der Hoffnung mit seinem 3:1-Sieg gegen den Trainer-Sohn  Fan Bo Meng. Hier passte der Aufstellungspoker, trotz signifikanter Annahme-Probleme mit der Vorhand. Gegen ihn hatte Steger schon immer gut ausgesehen. Auch diesmal hatte er genügend andere Waffen im Arsenal, um den 19 Jahre Jüngeren und 25 cm Größeren klein zu kriegen – 1:1 zur Pause. Plötzlich mit einem Kilian Ort am Tisch, der nicht nur Zeljko, sondern auch sich selber einspielte – fürs Doppel. An einen Sieg von Zeljko gegen Cassin war nämlich in keiner Phase der drei Sätze wirklich zu denken. Dafür war Filip zu weit weg von seiner Form vom Saisonauftakt. Und Cassin war – nach 1:6-Bilanz bis dahin – wieder der Cassin der letzten Saison, mit einer der Top-5-Bilanzen der TTBL. Also wieder Rückstand, 1:2, und nun musste Steger gegen Filus in den Ring.

Gegen den er allzu rasch 4:11 und 9:11 zurücklag. Das war kein 100%-Steger. Filus musste noch nicht einmal ans Limit gehen. Jetzt waren die „Basti-Basti“-Rufe der 70 keine belohnenden, sondern unterstützende, wenn denn überhaupt noch was gehen sollte. 11:7 im dritten, ein Lebenszeichen. Doch bei 7:10 im  vierten strahlte ganz Fulda und Filus war fast schon zum Händeschütteln bereit. Nur Basti Steger nicht. Der hatte noch was vor, „hat das Ding noch ummi griegd“, wie sein Vater Hans in solchen Fällen sagt. Und schickte Uda/Ort, zum ersten Mal überhaupt als Doppel, in die Box. Gegen das eingespielte, aber in dieser Saison noch nicht eingesetzte Cassin/Meng, weil keine Partie mit dem TTC über fünf Spiele ging.

Was würde Orts 7. Halswirbel machen? Woher sollte sein Gefühl für Ball und Schläger nach drei Stunden Zuschauens kommen? „Ich mag das eigentlich überhaupt nicht.“ Wie würde er kommunizieren, der den Dialog nach jedem Ball braucht wie die Butter aufs Brot? Immer wenn sie die Köpfe zusammensteckten, schien nur er zu reden. Ort spielte top, Uda´s Spiel war manchmal der pure Wahnsinn. „Er hat mich ganz gut mit durchgezogen“, lobte „Killy“ seinen Partner. „Schließlich ist er ja die Nr. 1 der Doppel-Weltrangliste.“ Ihm selber half auch sein Elefanten-Gedächtnis: „Die Donic-Tische hier sind langsamer als unsere, stoppen den Ball etwas und laden  zum Kurz-kurz-Spiel ein.“ Ach so! Als Fuldas Team und Fans längst mit versteinerten Mienen die Halle verlassen hatten, streamte Killy noch: „Das Doppel war okay, das gesamte Spiel etwas glücklich.“ Aber unentschieden gibt’s halt nicht in der TTBL.

Ergebnisse:
TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell – TSV Bad Königshofen 2:3
Ruwen Filus – Yukiya Uda                3:2 (3:11/11:5/11:8/8:11/11:8)
Fan Bo Meng – Bastian Steger          1:3 (5:11/11:13/15:13/5:11)
Alexandre Cassin – Filip Zeljko        3:0 (11:5/11:9/11:4)
Ruwen Filus – Bastian Steger           2:3 (11:4/11:9/7:11/11:13/4:11)
Cassin/Meng – Uda/Ort                     1:3 (8:11/8:11/11:6/6:11)

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