Borussia Düsseldorf hält den Angriffen des TSV stand

TTBL

Weshalb es trotz der 0:3-Niederlage viele zufriedene Gesichter gab

Bad Königshofen (rd) Es gibt gewiss nicht viele Sportarten, in denen sich das Publikum nach einer Niederlage des Gastgebers mit stehenden Ovationen bei den Sportlern bedankt und alles andere als enttäuscht nach Hause geht. Und es gibt auch nicht viele Arenen in Deutschland, in denen der Beste der Gäste von eben diesem Publikum mit stakkatoartigen Rufen seines Vornamens begrüßt wird. Timo Boll von Borussia Düsseldorf muss am Dienstagabend in der Bad Königshöfer Shakehands-Arena die Gänsehaut aufgegangen sein, bei der Vorstellung der Mannschaften und als er den Angriffen des Lokalmatadors Kilian Ort wieder einmal standgehalten und letztlich doch gewonnen hatte. Und zum Zeichen der Sympathiebekundung erhoben sich die Menschen in der Halle, als Kristian Karlsson gegen den TSV-Neuzugang Maksim Grebnev im fünften Entscheidungssatz niedergerungen und damit die Spitzenpaarung Steger gegen Boll verhindert hatte.

Nein, es hatte zweieinhalb Stunden lang Spitzensport auf hohem Niveau gegeben, und es gab nichts zu bereuen. Alle hatten ihr Bestes gegeben, Spieler wie Zuschauer und der gesamte Helferstab. Auch Bastian Steger, der, in Anwesenheit seiner Eltern Hans und Gerdi aus der Oberpfalz, sich Anton Källberg gegenüber sah, dem wertvollsten Spieler, weil mit den meisten gewonnenen Punkten, der TTBL-Saison 20/21. Wertvoll hin oder her: Vom Wert des liebevoll „Basti“ Genannten für den TSV muss der trotz oder gerade wegen seiner 40 Lenze niemanden mehr in Tischtennis-Deutschland überzeugen. Trotz oder gerade wegen dieses 35 Minuten dauernden Kampfs der Generationen, 40 gegen 24.

Und so wurde auch diese Partie des 125. der Weltrangliste, der auf diese so großen Wert auch nicht mehr legt, gegen die Nr. 58 ein Tischtennis-Hauen-und-Stechen auf hohem Niveau. Das bei 6:11/11:6/11:8/5:11 und 8:8 im fünften Satz förmlich nach Unentschieden schrie. Vielleicht muss Steger sogar noch eine kleine, aber nicht unbedeutende Wahrnehmung in seiner Erinnerung löschen, weil sich so etwas auch verfestigen kann. Im DM-Finale in Bremen führte er im vierten von sieben Sätzen (2:1) deutlich, als Benedikt Duda Timeout nahm. Hinterher bemerkte Steger, „hätte ich meinem Gefühl nach gewonnen, wenn ich diesen vierten Satz nicht verloren hätte.“ Und hier gegen Källberg stand es 5:4 Steger im vierten Satz (bei 2:1-Satzführung) und Düsseldorf nahm Auszeit. Die Folge: 5:11 im vierten und im fünften 8:11. Dennoch, den Basti stürzt niemand mehr vom Sockel, wenn er auch allzu gern Kilian Ort eine 1:0-Führung in die Herkules-Aufgabe Boll mitgegeben hätte.

Dieser schien „Killy“ im ersten Satz sichtlich gut gewachsen, führte 10:6. Doch dieser Boll hat seine Helferzellen irgendwo oben drin. Der wirkt in so einem Moment so was von ausgeglichen, fast etwas gleichgültig, auf jeden Fall selbstbewusst, aber alles andere als arrogant. Solche Schwellen-Situationen ist einer wie er gewohnt, auch gewohnt, sie zu meistern. Er wehrte die vier Satzbälle ab und verwandelte seinen eigenen dritten zum 14:12 und zur 1:0-Führung. Im  zweiten Durchgang ließ sich Ort abschütteln, kam aber im dritten in überzeugender Manier zurück (11:8) und musste sich dann doch geschlagen geben. „Ich merke es doch selber“, führte er hinter an, „mir fehlen nicht einige, sondern zu viele Trainingseinheiten.“

So, größer hätte der Druck auf den 19-jährigen Königshöfer Neuzugang Maksim Grebnev nicht lasten können. Als no-name-Spieler hatte ihn Andy Albert im April verpflichtet. Im Juni hatte er aus Warschau ein Signal gegeben, he, ihr bekommt was Gutes, und schon mal bei der EM zusammen mit seinem russischen Landsmann Lev Katsman die Goldmedaille im Doppel gewonnen. Und am Mittwoch zuvor holte er in Mühlhausen eineinhalb Punkte zum TSV-Sieg, im Einzel und im Doppel mit Ort. Doch hier war wieder alles auf null gestellt. Die Fans hatte er bereits erobert, ohne dass sie ihn schon mal live gesehen hatten. Die „Maksim-Maksim-Rufe“ bestimmten die Hallenakustik, auch wenn es sich wie „Maxi, Maxi“ anhörte.

Doch da unten in der Box war er allein, die Nr. 558 der Weltrangliste der Nr. 29 Kristian Karlsson gegenüber. Und schien im ersten Satz seine Grenzen aufgezeigt bekommen zu haben – 7:11. Auch im zweiten stand es 7:9, wenig später aber 12:10 – und die Halle stand Kopf. Im dritten musste er Tribut zollen – 5:11, den vierten bog er wieder um – 11:8. Und im fünften holte der Routinier Karlsson noch einmal was Neues aus dem Köcher, u.a. so extrem kurze Aufschläge, dass sie zwei Mal den Tisch auf Grebnevs Seite berührten: Asse besonderer Art. Dauer der Vorführung: 53 Minuten. „Man sollte ihn nicht so hoch jubeln, wie es manche nach Mühlhausen getan haben“, sprach Kilian Ort aus eigener Erfahrung. In der TTBL hat kein Spieler einen Bonus für gewisse Punkte – höchstens Timo Boll.

Ergebnisse:
TSV Bad Königshofen – Borussia Düsseldorf 0:3
Bastian Steger – Anton Källberg            2:3 (6:11/11:6/11:8/5:11/8:11)
Kilian Ort – Timo Boll                             1:3 (12:14/6:11/11:8/4:11)
Maksim Grebnev – Kristian Karlsson      2:3 (7:11/12:10/5:11/11:8/6:11)