Wie sich eine TT-Bundesliga-Mannschaft rekrutiert und wie schwer Weltcup-Turniere und Ligaspiele kombinierbar sind

Bad Königshofen (rd) Es sieht alles so selbstverständlich aus, dass sich zum Beispiel 25 Aubstädter Regionalliga-Fußballer drei Mal die Woche am Abend zum Training treffen, am Samstag oder jedem beliebigen Wochentag ein Spiel in der NGN-Arena haben oder sich in den Bus setzen und irgendwo in Bayern ein Fußballspiel bestreiten. In dem zwischen elf und 16 von ihnen zum Einsatz kommen. Um wie viel einfacher müsste es da eigentlich sein, vier Tischtennisspieler, mehr umfasst der Kader des TSV Bad Königshofen nicht, am Sonntag oder jedem anderen Wochentag zusammen zu bekommen, damit drei von ihnen, im Ausnahmefall vier, ein Bundesligaspiel bestreiten: In der Shakehands-Arena in Bad Königshofen oder einer von elf anderen großen oder kleinen Städten zwischen Neu-Ulm, Saarbrücken, Düsseldorf und Bremen. In Deutschlands höchster Liga, der TTBL, von Experten die zweitstärkste Liga der Welt genannt.

Nein, so einfach ist es nicht, wie die Vorgeschichte zum Spiel am Sonntag gegen den SV Werder Bremen (3:2) gezeigt hat. Diese vier Spieler, Kilian Ort aus Bad Königshofen, Bastian Steger aus der Oberpfalz, Maksim Grebnev aus der Nähe von St. Petersburg in Russland und Filip Zeljko aus Zagreb in Kroatien, haben nämlich ein etwas anderes Sportler-Dasein. Sie leben und trainieren im Normalfall nämlich an drei verschiedenen Orten. Kilian Ort sowie Bastian Steger und seine Frau Natalia aus Kolumbien leben in Düsseldorf und trainieren dort im Leistungszentrum des DTTB. Dabei laufen sie immer wieder mal potenziellen deutschen und internationalen Gegnern über den Weg, trainieren mit ihnen an einem Tisch, kennen sich sozusagen aus dem Effeff.

Filip Zeljko, im „verflixten“ siebten Jahr beim TSV Bad Königshofen, lebt zuhause in Zagreb und trainiert dort im Leistungszentrum des kroatischen Tischtennisverbands. Zu den Spielen kommt er achteinhalb Autostunden angereist und „wohnt“ bei seinem Freund Christian Fischer im Schlundhaus. Er trainiert hier eins, zwei Einheiten in der Arena oder im Shakehandsclub. Mit dem Team oder einem Teil davon, mit Trainer Koji Itagaki, einem Physiotherapeuten und einem Chauffeur, meistens Andy Albert oder Josef Ort, geht es im TSV-Kleinbus zu den Auswärtsspielen oder trifft man sich dort vor Ort. Neuzugang Maksim Grebnev lebt in Neu-Ulm und trainiert dort in der Trainingsgruppe mit dem russischen Trainer und Mentor Dmitrij Mazunov, der zugleich Coach des Konkurrenten TTC Neu-Ulm ist. Er kommt in der Regel mit dem Zug nach Schweinfurt und wird von dort von Helfern des TSV abgeholt.

Vor diesem Sonntagsspiel (nächstes Heimspiel 21. Dezember gegen Bad Homburg) war die Situation noch ein Stück komplizierter. Nichts änderte sich zu sonst für Bastian Steger. Der zweifache Olympiamedaillen-Gewinner (40) verzichtet weitestgehend auf internationale Turniere. „Ich konzentriere mich ganz auf die TTBL und den TSV Bad Königshofen.“ Er reiste am Freitag an, und als er mit seinem Trolley am Schlundhaus ankam, gab es ein Ständerle der Promiband. Das aber nicht ihm galt, sondern dem Geburtstagsjubilar Reiner Bulheller, der aber noch nicht da war. „Gell, ich hatte mich nämlich schon gewundert.“

Vor ihm war schon Kilian Ort eingetroffen, der seit Dienstag zusammen mit Grebnev und Zeljko in Tunis ein WTT Contender Turnier gespielt hatte. Im Einzel schlug er zunächst den Ungarn Szudi, verlor dann 2:3 gegen den Portugiesen Joao Geraldo, der in der Zweitliga-Saison 2014/15 zusammen mit ihm im Team des TSV Bad Königshofen spielte. Im Doppel (mit Tobias Hippler) schied Ort im Achtelfinale gegen ein indisches Duo aus. Mit den beiden anderen, Zeljko und Grebnev, lief es problematisch erfolgreich bzw. gut, aber problematisch, weil sie länger im Turniergeschehen beschäftigt waren.

Maksim Grebnev, von seinen Teamkollegen Max genannt, war bis zum Viertelfinale dabei, schlug  in der Vorrunde den Belgier Lambiet, Tobias Hippler und Joao Geraldo, im Achtelfinale den Schweden Möregard und scheiterte donnerstags am Einzug ins Viertelfinale am Saarbrückener Nationalspieler Patrick Franziska. Für Filip Zeljko war Tunis sein erfolgreichstes WTT-Turnier überhaupt. Er schaltete in der Vorrunde den Franzosen Akkuzu, den Russen Ismailov und den Inder Thakkar aus und im Achtelfinale den Brasilianer Ishy. Im Viertelfinale gelang ihm am Freitag mittag einer seiner bedeutendsten Siege gegen die Nr. 15 der Weltrangliste Patrick Franziska. Endstation war dann im Halbfinale Nationalspieler Dang Qiu (Düsseldorf), der danach, am Samstagnachmittag, im Finale dem Schweden Anton Källberg (Düsseldorf) unterlag.

Am Samstagabend waren dann alle in Bad Königshofen – ein Team. Grebnev flog von Tunis über Istanbul und Moskau nach Frankfurt und wurde um 15 Uhr in Schweinfurt am Bahnhof von Andy Albert empfangen. Um 16.15 Uhr stieß Filip Zeljko, ebenfalls aus Frankfurt, dazu. Dann übernahm Andy Aman Grebnev und brachte ihn zum PCR-Test nach Bad Neustadt. Er ist mit einer russischen Vaccine geimpft, die von der EU nicht anerkannt wird. Am Sonntag fand das Spiel statt. Grebnev war Ersatzmann. Und am Montag machte sich das Trio Ort/Zeljko/Grebnev auf nach Slowenien zum nächsten Turnier.

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