Debütant Grebnev wird zum Matchwinner für den TSV

TTBL

Beim Gastspiel in Mühlhausen geht der TSV vom Himmel durch die Hölle und zurück in den Himmel

Mühlhausen (rd) Kein „Same procedure as every year.“ Der TSV Bad Königshofen hat den Bock umgestoßen und beim fünften Anlauf zum ersten Mal in der Posthalle von Mühlhausen gewonnen. Das von der Dramaturgie her nahezu identisch zum 2:3 gegen Ochsenhausen verlief. Nur alles umgedreht, mit einem guten Ende: Vom Himmel, durch die Hölle und zurück in den Himmel. Diesmal sah es bei einer 2:0-Führung, nach 48 Minuten, inklusive Wechsel- und Einspielzeit, nach einem schnellen, siegreichen Ende für die Badestädter aus. Zumal danach der zuletzt überragend agierende Kilian Ort an der Reihe war. Dann wurde es aber doch wieder der Krimi von Mühlhausen. Und, sofern man bei diesem Dreier-Spielsystem überhaupt einen Matchwinner ausmachen kann, war es überraschender- und beeindruckenderweise der 19-jährige Neuzugang Maksim Grebnev, der gegen Ochsenhausen noch nicht zum Einsatz gekommen war. Er gewann sein Einzel zum 1:0 und das Schlussdoppel zusammen mit Ort zum 3:2.

Motiviert bis in die Spitzen seiner kurzen und diesmal wieder naturblonden Haare ging der junge Russe in sein erstes Match für den TSV. Allerdings auch unbelastet durch vorherige Enttäuschungen an selber Stelle. Weltcuppunkte hat er nur hochgerechnet von Jugend-Turnieren. Dennoch wurde er vor zwei Monaten Europameister im Doppel. Aber wie es um seine Einzelstärken aussehen würde, war die Unbekannte X in der Erfolgsrechnung. Dann traf er auch noch an Position 2 gesetzt auf den Einzel-Vize-Europameister von 2018, den Rumänen Ovdiu Ionescu (32), den Post-Einser. Er spielte rotzfrech und bärenstark auf, als hätte er keine Ahnung von all der Statistik und Historie.  Gute Aufschläge, sichere Returns, flink und beweglich auf den Beinen, explosiv, der blonde Irrwisch, wie eine Sprungfeder. Er, nicht der sichtlich überraschte Ionescu, war der Dominator am Tisch mit Power-Tischtennis schon beim ersten Ball. Nach dem letzten Ballwechsel schaute er, als könne er selber nicht glauben, was er da angestellt hatte – 1:0 für den TSV.

Dann erteilte Bastian Steger dem Neuzugang der Thüringer aus Frankreich Irvin Bertrand (21) eine Lehrstunde. Der hatte am Freitag Timo Boll beim 2:3 und 9:11 im fünften Satz lange die Stirn geboten. Gegen Steger hatte der Brille tragende Linkshänder in keiner Phase der drei Sätze eine Chance. Es gab überhaupt kaum lange Ballwechsel. Steger spielte seine ganze Routine aus, Bertrand spielten auch die Nerven einen Streich oder ging er zu hohes Risiko bei seinen Aufschlägen. Zwei Fehlaufschläge pro Satz sind zu viel – 2:0. In die Pause schickte der Hallensprecher Thomas Stecher Fans und Spieler mit der Androhung, „Ich denke, das gibt heute noch drei spannende Spiele. Unser Kollektiv kann das noch schaffen.“ Womit er auf jeden Fall richtig lag, womit er aber nicht jedermanns Meining traf. Aber so funktioniert Spitzentischtennis.

Jetzt waren alle Augen auf den Post-Kapitän Daniel Habesohn (WR-44.) gerichtet. Er hatte beim 1:3 in Düsseldorf noch gefehlt. Der Österreicher setzte Kilian Ort von Beginn an so unter Druck, dass der überhaupt nicht in sein Spiel der letzten zwei Erfolgswochen fand. Sehr bald war auch seinem unrunden Gang anzumerken, dass ihm der Fuß wieder Probleme machte. Zudem wurde er vorwiegend auf der Vorhand angegriffen, in der er sehr offen war – und gehandicapt durch den Fuß. Ort biss sich aber durch, in diesem Match zwar zur Niederlage, aber auch zum Kampf auf Augenhöhe im zweiten und besonders dritten Satz (11:13). Und später, „da muss ich durch“, zum Doppel – nur noch 2:1.

Bastian Steger hatte anschließend im Spitzenspiel Ionescu nur im ersten Satz (11:7) im Griff. Da blitzte Hoffnung auf einen 3:1-Sieg auf. Doch dann ging beim Rumänen die Post ab, und im vierten Durchgang waren die unterschiedlichen Körpersprachen Spiegelbilder der Entwicklung dieser Partie. Steger war sie entglitten – 2:2. Also musste die Entscheidung doch wieder im Doppel gefunden werden. Und das vor diesem inzwischen wieder euphorisierten, speziellen Publikum, aus dem die zehn Königshöfer Fans erst nach dem letzten Ball heraus zu hören waren.

Der Aufforderung „Jetzt geht’s los“ folgte das 5:11 schneller, als man die Uhr stellen kann. Da ging noch gar nichts beim angeschlagenen Ort und dem Doppel-Europameister Grebnev, der zunehmend in die Führungsrolle in diesen 20 Minuten schlüpfte. Aber „Killy“ zog seine individuelle Taktik über kurze Bälle unverdrossen durch und konterte den einen oder anderen Ball mehr im Reflex als per Überlegung. Über 11:8 und 11:3 gingen sie in Führung und nutzten den zweiten Matchball im vierten Satz zum 11:9 – und grenzenlosen Jubel auf der TSV-Bank und bei den zehn Aufrechten auf der Tribüne. Von denen einer ganz besonders bedeutungsschwanger in sich hinein grinste: Andy Albert, der TSV-Manager mit dem goldenen Näschen für Talente – wie Maksim Grebnev.

Ergebnisse:
Post SV Mühlhausen – TSV Bad Königshofen 2:3
Ovidiu Ionescu – Maksim Grebnev   0:3 (8:11/9:11/9:11)
Irvin Bertrand – Bastian Steger         0:3 (7:11/9:11/4:11)
Daniel Habesohn – Kilian Ort           3:0 (11:6/11:8/13:11)
Ovidiu Ionescu – Bastian Steger       3:1 (7:11/11:8/11:8/11:5)
Bertran/Habesohn – Grebnev/Ort    1:3 (11:5/8:11/3:11/9:11)