Eine Saison so schwer wie noch nie für den TSV

TTBL

22 Olympioniken schlagen in der zweitstärksten Liga der Welt auf – Warum der TSV Bad Königshofen das schwerste Auftaktprogramm in seiner fünften Saison hat

TTBL
Sonntag, 22. August, 15 Uhr:
TSV Bad Königshofen – TTF Liebherr Ochsenhausen

Bad Königshofen (rd) Am Dienstag, etwas früher als sonst freitags, trafen die ersten Spieler des TSV Königshofen ein. Ein eigenes Trainingszentrum haben in dieser Tischtennis-Bundesliga nur die betuchten Vereine aus Düsseldorf, Saarbrücken, Grenzau und Ochsenhausen, in Neu-Ulm  seit einem Jahr. Sie haben z.B. eine Versicherung, einen Medien-Konzern oder ein Großunternehmen im Partner-Pool. Die Spieler der anderen sieben Vereine trainieren in verschiedenen Trainingsgruppen und -orten, zum Teil sogar mit Kontrahenten aus anderen Teams zusammen. Und treffen sich rechtzeitig vor dem Spiel. Der TSV Bad Königshofen, der diesen Sonntag zu seinem Auftaktspiel in der fünften TTBL-Saison die TTF Liebherr Ochsenhausen empfängt, ist von daher ein Underdog. Bastian Steger (40) und Kilian Ort (25) leben in Düsseldorf und trainieren im Bundesleistungszentrum des DTTB. Der Berufspendler Filip Zeljko (24) trainiert in Zagreb im kroatischen Leistungszentrum. Maksim Grebnev (19), der Nachfolger des in Saarbrücken übenden Abdel-Kader Salifou, steht in Neu-Ulm unter den Fittichen seines russischen Landsmanns Dmitrij Masunow. Der vereinseigene Ergänzungsspieler Christoph Schüller (29) aus Kleinbardorf lebt, arbeitet und trainiert in Wien und der Realschüler Akito Itagaki (16) daheim in Bad Königshofen bei seinem Vater, dem Headcoach Koji Itagaki. So breit aufgestellt war ein TSV Bad Königshofen noch nie in der TTBL.

Noch nie wurde beim TSV in der zweiten und ersten Liga, also in den letzten neun Jahren mehr als ein Spieler für einen anderen neu verpflichtet. Gespielt wird ja in der TTBL mit drei Einzelspielern. Bis zu vier können nominiert werden. Das Schlussdoppel kann von zwei Einzelspielern, aber auch einem Ersatzmann gespielt werden. Die Reihenfolge in der Rangliste kann der Trainer vor jedem Spiel neu festlegen, womit sie zum Instrument einer möglichen Taktik wird. Zu erwarten sind beim TSV, wenn alle gesund sind, Bastian Steger und Kilian Ort gesetzt. Der dritte Einzelplatz scheint offen zu sein. Grebnev wurde ja erst im Juni in Warschau Europameister im Doppel mit seinem Landsmann Lev Katsman. Es wird interessant sein, in wie weit er an diese Doppel-Form auch schon im Einzel heran reicht.

Diese fünfte Saison dürfte der Meinung der Königshöfer Spieler nach die schwerste bisher sein. In die erste und zweite war man ganz beruhigt gegangen, weil wegen der zu erreichenden Zielstärke 12 keine Mannschaft absteigen musste. Was danach folgte, löste die Truppe um Kilian Ort und Bastian Steger mit Bravour. Seltsamerweise ohne Publikum war die letzte Saison die beste, spielte man doch bis zum letzten Spieltag mit der Aussicht, die Play-Offs der Top 4 zu erreichen. Die Niederlage in Neu-Ulm hatte dann ein Durchrutschen bis auf Platz 9 zur Folge, was aber nur statistische Bedeutung erhielt. Die Runde 21/22 schätzen Ort & Co „aus mindestens zwei Gründen als die schwierigste ein. Zum einen haben die vermeintlich schwächeren Teams Grenzau und Bad Homburg aufgerüstet. Zum anderen werden, Stand heute, definitiv zwei Vereine absteigen, weil Aufstiegsinteresse bei mehreren Zweitligisten besteht.

Aus TTBL-Sicht gibt es fünf Gründe, sich auf diese Saison zu freuen. Nach zwei Spielzeiten ohne Titel ist die Durststrecke von Borussia Düsseldorf vorbei. Als wäre man nicht schon stark genug besetzt für den 32. Meisterschaftsgewinn, verpflichtete man mit Kilian Orts Jugendfreund Dang Qiu noch einen weiteren hungrigen Nationalspieler. Die Herausforderer aber sind zahlreich, haben sich extrem verstärkt. Fast die Hälfte will die Borussia gleich wieder stürzen. Grund zwei, sie sind so zahlreich, dass vermutlich zum ersten Mal ein Verein den Sprung in die Play-Offs schafft, der noch nie dabei war. Der dritte Grund: Es tummeln sich noch mehr Weltklassespieler in der Liga als bisher schon. 22 von ihnen haben zuletzt in Tokio um olympisches Edelmetall gekämpft, mit Erfolg u.a. Timo Boll, und Patrick Franziska und der vierte Mann Benedikt Duda. Der vierte, die Talente: Mit Kanak Jha (21), Samuel Kulczycki (19) und  Maciej Kubik (18) spielen gleich drei hoch veranlagte Youngster für Ochsenhauen an der Seite von Simon Gauzy (26). Der Franzose scheiterte in Tokio im Achtelfinale am Chinesen Ma Long, der danach auch Timo Boll eliminierte. Ein krasser Fehler passierte Ochsenhausens Management: Der Neuzugang Can Akkuzu (FRA) wurde verspätet der TTBL gemeldet und darf erst zur Rückrunde eingesetzt werden.

Vladimir Sidorenko (19), Joannis Sgouropoulos (21), Lev Katsman und der frisch gebackene Jugend-Europameister Kay Stumper (18) stehen bei Neu-Ulm auf der Liste, Rares Sipos (20) in Bad Homburg und Cristian Pletea (21) in Grenzau. Hinzu kommen zahlreiche etablierte Stars, die noch am Anfang einer großen Karriere stehen wie der ehemalige Königshöfer Darko Jorgic (24), Anton Källberg (23) und Dang Qiu (24). Wer aus dieser Reihe Kilian Ort (25) voreilig gestrichen hatte, wurde diese Woche eines Besseren belehrt. „Killy“ spielte von Sonntag bis Freitag sein bestes Weltcupturnier ever – in Budapest – Im Einzel und Doppel auf dem Treppchen.

„Es geht endlich wieder los“, sagte auch Bastian Steger in einem Gespräch mit dieser Redaktion diese Woche. Für ihn war die Zeit der Wettkampf-Abstinenz seit dem 21. März, dem letzten TTBL-Spiel in Neu-Ulm, die längste des Quartetts. Umso willkommener kamen die DTTB-Lehrgänge die letzten vier Wochen in Düsseldorf, die er, da er nicht mehr offiziell zum Nationalkader gehört, überwiegend als Sparringspartner absolvierte. „Mit einem echten Wettkampf ließen sie sich nicht vergleichen. Ich habe, außer einer Urlaubspause, ganz normal meine Saisonvorbereitung betrieben, komme aber aus einer Wettkampfpause“, währenddessen Kilian Ort bis vor ein paar Tagen auf einem Turnier in Ungarn spielte. Steger hat aber schon öfter bestätigt, dass er mit seiner Erfahrung viel schneller denn als junger Spieler wieder bei 100 Prozent ist.

Wie der gleichaltrige Timo Boll wolle auch er „haushalten mit den Kräften. Ich verspüre zwar Lust weiterhin international zu spielen. Oberste Priorität haben für mich aber eindeutig die Mannschaft und die Bundesliga. Wenn man Turniere spielen will, müsste man nach dem neuen System sehr viele spielen um vorwärts zu kommen.“ Die Liga schätzt Steger „sehr ausgeglichen und so stark wie nie“ ein. „Wir müssen alle eine gute Saison spielen und immer am Limit, damit wir nicht da unten rein rutschen.“ Die ersten fünf Spiele in 21 Tagen haben es in sich, könnten schwerer nicht sein: Gegen Ochsenhausen (letzte Saison 3./22.08.), in Mühlhausen (7./25.08.), gegen Düsseldorf (1./31.08.), in Saarbrücken (2./08.09.) und in Grünwettersbach (4./11.09.). Bei den Gegnern und der Enge des Spielplans (wegen der internationalen Turniere und Meisterschaften) hat nur Chancen, wer gemeinsam topfit in die Saison geht. „Aber vielleicht können wir ja für die eine oder andere Überraschung sorgen.“ Andernfalls würde man erst mal der Musik hinterher laufen und Druck verspüren. Aber „Druck ist eh immer da, den können wir nie weg reden“, hat Steger schon oft betont.

 

Spielerportraits

Bastian Steger
Geburtsdatum:            19.03.1981
Geburtsort:                  Oberviechtach
Größe:                          170 cm
Gewicht:                       65 kg
Beim TSV seit:              2019
Hobbys:                       Tennis, Musik, Radfahren

Kilian Ort
Geburtsdatum:            27.04.1996
Geburtsort:                  Bad Neustadt
Größe:                         185 cm
Gewicht:                      78 kg
Beim TSV seit:             2004
Hobbys:                      Fußball, Musik

Maksim Grebnev
Geburtsdatum:            09.01.2002
Geburtsort:                  Podporozhe
Größe:                         172 cm
Gewicht:                      72 kg
Beim TSV seit:             2021
Hobbys:                      Fußball

Filip Zeljko
Geburtsdatum:            16.11.1996
Geburtsort:                  Zagreb
Größe:                         185 cm
Gewicht:                      73 kg
Beim TSV seit:             2016
Hobbys:                      Fußball, Tennis

Akito Itagaki
Geburtsdatum:            01.05.2005
Geburtsort:                 Hanamaki City
Größe:                         166 cm
Gewicht:                      63 kg
Hobbys:                      Musik, Badminton

Koji Itagaki (Headcoach)
Geburtsdatum:            03.08.1970
Geburtsort:                  Hanamaki
Größe:                         165 cm
Gewicht:                      72 kg
Beim TSV seit:             2016