„Ganz sicher, dass die unsere Unterstützung spüren“

TTBL

Selbst in der Distanz fühlen sich die Ping-Pong-Ultras ganz nahe an ihren Lieblingen – Warum sie eigentlich gar keinen Kommentar bräuchten – 133 Whatsapps über ein Spiel

Bad Königshofen (rd) Von Corona und den deshalb zu befürchtenden Unwägbarkeiten getrieben, wurde die Saison 2020/21 der TTBL (Tischtennis-Bundesliga) in so kurzer Zeit wie nie durchgepeitscht. Ein gerüttelt Maß Anteil daran hatte auch der Turnierplan der ITTF (Internationale Tischtennis-Föderation), der ein Loch von Mitte Oktober bis Mitte November (China-Bubble) und noch eines von 21. Februar bis 21. März (Doha-Bubble) in die Saison riss. Von daher die vielen Spielverlegungen und die seltsame Situation, dass der dritt- und vorletzte Spieltag diesen Freitag und Sonntag ausgetragen werden und der letzte genau vier Wochen später, am 21. März. Erst dann werden die Play-Offs zum Ermitteln des deutschen Meisters ausgespielt.

Was bedeutet das für den TSV Bad Königshofen? Die Tür zu diesem großen Play-Off-Spektakel steht ihm vor dem drittletzten Spieltag noch einen Spalt offen (siehe dazu Bericht im Lokalsport). Dass der TSV seine beste Saison in der Bundesliga gespielt hat, steht schon heute fest. Was nicht nur wegen des Verlusts von Mizuki Oikawa wundert, sondern auch wegen des Verlusts der viel gerühmten Unterstützung des Publikums. Von den elf Heimspielen werden am Ende neun vor total leeren Rängen gespielt sein. Nur bei den ersten zwei gegen Fulda (7. September) und Bergneustadt (11. Oktober) waren maximal 120 Zuschauer erlaubt. Was nicht einmal voll genutzt wurde, so verunsichert waren die Fans.

Betroffen waren neben den vielen Saisonkarten-Käufern, Stammgästen, Tagesgästen, Sponsoren und deren Geschäftspartnern auch die Mitglieder des einzigen in der TTBL bekannten Tischtennis-Fanclubs „Ping-Pong-Ultras“ (PPU TSV Bad Königshofen). Mit „Ultras“ bringt man eigentlich ein anderes Klientel in Verbindung als diese 20 durch und durch friedliebenden und harmoniebedürftigen Sympatisanten mit dem Sport im Allgemeinen, mit Tischtennis im Besonderen und der Bundesliga-Mannschaft des TSV speziell. Ein eingetragener Verein sind die PPU´s nicht und haben somit auch keine offiziellen Sitzungen oder gar eine Vorstandschaft. Josef Weber, Karin Fecke und Gustav Hahn managen das, wenn etwas wie eine Auswärtsfahrt ansteht. Keiner der 20 hat jemals aktiv Tischtennis oder gar in einer Mannschaft gespielt, „höchstens mal im Urlaub auf dem Campingplatz.“ Ultra sind sie höchstens vom Grad ihrer Zuneigung und Unterstützung ihrer Lieblinge da unten an der Platte. Die sich wiederum ihres Alleinstellungsmerkmals, einen Fanclub zu haben, bewusst sind und – zu normalen Zeiten – gern mit ihnen kontaktieren und kommunizieren.

„Rowdys dulden wir nicht“, versichert Josef Weber, bald 60. Es gebe richtige Etiketten, die jeder akzeptiert. Nur in einem Zusammenhang verstoßen sie selber etwas gegen diese. Wenn ein Spieler eine Netzangabe macht, warten sie erst gar nicht das „Netz“ des Schiedsrichters ab, sondern rufen von ihrem Stammplatz oben auf der Tribüne aus im Chor „Netz“ und die halbe Tribüne stimmt da mit ein. Das könnte auch zum Ärgernis mutieren. Doch bisher hakten es alle Schiedsrichter und Spieler mit einem Schmunzeln ab, als wäre das diesem speziellen Publikum sonder-erlaubt.

Eine Sondererlaubnis indes bekamen auch sie nicht zu jenen neun Heimspielen ohne Zuschauer, obwohl sich alle eine Saisonkarte gekauft hatten. „Ja, es hat manchmal schon richtig weh getan“, versichert Josef Weber, bringt aber jedes Verständnis für diese generelle Maßnahme per Bayerische Infektionsschutzverordnung auf. Solange wenigstens das erlaubt war, haben sie sich im Clublokal „Beim Schwager“, einer Kneipe in den Stadtsaal-Lichtspielen, getroffen und den Livestream gemeinsam angeschaut. Nach einem Spiel, ich denke es war das 3:2 gegen Grünwettersbach, sind wir sofort nach dem letzten Ballwechsel aufgebrochen zur Halle bzw. zum Außen-Treppenaufgang und haben so lange Remmidemmi gemacht, bis die Mannschaft raus kam und sich von uns symbolisch hochleben ließ. Zurzeit geht das ja auch nicht mehr.“

Danach gab es keinen Kontakt mehr. Selbst die PPU´s können sich ja nicht mehr treffen. Und dennoch „sind wir kreativ und erleben die Spiele zwar daheim allein und doch irgendwie gemeinsam. Wir sind nämlich in einer Whatsapp-Gruppe und da wird jeder Punkt hin und her kommentiert. Wir bräuchten keine Kommentatoren, das machen wir selber ganz intensiv. Da wird mit allen technischen, optischen und akustischen Tricks gearbeitet.“ Josef hat sich sogar seinen eigenen Service eingerichtet. Während er das TV-Bild nicht aus den Augen lässt, diktiert er seine Beurteilung einer Szene seiner genauso Tischtennis-infizierten Frau Heike und die tippt die Text- oder spricht die Sprachnachricht ins Smartphone. „Beim Spiel gegen Düsseldorf wurden 133 Whatsapp-Nachrichten ausgetauscht. Das war aber auch das meiste. Ja, die Ultras sind da schon ultra-aktiv.“

Die Serie mit den fünf Siegen in Folge war für den „Kran-Weber“ wie fünf Mal Weihnachten. „Und jetzt waren oder sind wir noch ein bisschen dran am ganz großen Coup. Aber ob mit oder ohne Play-Offs: Es gab in dieser Saison unter Corona-Bedingungen viel Wehmut und Distanz-Schmerz, aber auch viel Freude und Begeisterung über die Leistungen und Ergebnisse unseres Teams. Ich bin mir ganz sicher, dass die unsere Unterstützung auch mental mitbekommen.“ Was er sich für die kommende Saison wünscht, „liegt wohl auf der Hand: Normale Bedingungen, offene Hallen und eine ähnlich begeisternde Mannschaft wie in dieser.“