Triumph kurz vor Mitternacht

TTBL

In einem von fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen geprägten Thriller bleibt der TSV in der Erfolgsspur

Bad Königshofen (rd) Mit dem sechsten TTBL-Sieg hintereinander baute der TSV Bad Königshofen seine unglaubliche Serie in der stärksten Liga Europas aus und hievte sich zum ersten Mal auf den Play-Off-Platz 4, punktgleich mit dem Tabellenzweiten – zumindest bis zum Sonntagsspiel gegen den Ersten Borussia Düsseldorf. Es war der erste Sieg bei den „Bergischen“, ein besonders schöner und emotionaler, weil das gesamte Trio Punkte beitrug. Es war zum wiederholten Mal das Bauwerk von Sieg-Architekt und Kappo Bastian Steger, der beide Einzel gewann und dabei mentale Höchstleistung erbringen musste. Und er hatte doch einen ganz faden Beigeschmack, weil sich zwei Schiedsrichter durch ihr Gebaren und ihre einseitig auffällige und geschmacklose Regelauslegung mitunter in den Mittelpunkt rückten. Ihr Ziel, unter anderem durch das Wegzählen von insgesamt fünf Punkten, alle natürlich gegen die Königshöfer, und ihre Art sich ins Geschehen einzumischen,  war leicht durchschaubar und schwer unsportlich. Auch, weil dabei die überragenden Leistungen auf beiden Seiten, teils mit Weltklasse-Ballwechseln am Fließband, zum Nebenschauplatz degradiert wurden und in den Hintergrund rückten

Den fairen Spielern des Gastgebers konnte das nur peinlich sein. Im ersten Einzel war das noch nicht der Fall. Das würde schon der „Steger“ der Bergneustädter, Zwei-Punkte-Garant Benedikt Duda, gegen Filip Zeljko erledigen. Der hatte den „Stier“ mit dem 11:6 im ersten Satz so sehr gereizt, dass der den Torero in den nächsten drei Sätzen jeweils mit 6:11 auf die Hörner nahm. Enttäuschend war das von Zeljko keineswegs, doch ein verdienter Sieg für den kompletteren Spieler.

Doch jetzt hätte der Österreicher Stefan Fegerl, ein fairer Sportsmann, noch mehr Unterstützung vom Zähltisch bedurft, als es im folgenden Drama mit grotesken Einlagen geschah. Bereits bei 3:2 im ersten Satz zählte der „Unparteiische“ Steger einen Punkt weg, weil der, so seine Verrenkungen zur Erklärung, für einen Sekundenbruchteil beim Hochwerfen zum Aufschlag den Ball mit der Schulter verdeckte. So wie es alle beim so genannten „Korkenzieher“-Vorhand-Aufschlag machen. „So wie ich es seit 30 Jahren mache, in allen Hallen der Welt und noch nie hat es jemand beanstandet.“ Fast nie, wäre ganz korrekt. In der Saison 19/20 hatte es ein Schiedsrichter einmal  angemahnt, mehr nicht.

Doch dieser hatte fortan nur noch einen der beiden am Tisch im Visier. Mit dem Ergebnis, dass der „Baschterl“ aus der Oberpfalz mit seiner guten Kinderstube und sportlichen Antworten die Situation klärte. Als bei 5:4 in diesem ersten Satz bereits der zweite Punkt weg gezählt und der Psycho-Krieg erklärt war, schlug Steger erst weniger, dann gar nicht mehr mit der Vorhand auf. Stattdessen bekam er den dritten Punkt wegen Überschreitens der 15-Sekunden-Regel abgezogen – reine Schikane. Als Steger einmal noch nicht fertig zum Aufschlag war, spielte ihn Fegerl unversehens doch. Keine Reaktion von Steger, aber die Zähltafel fiel dennoch. Bei dieser mentalen Herausforderung mit zwei Gegnern zugleich und der Gefahr, bei jeder Aktion irgend etwas falsch gemacht zu haben, behielt der TSV-Einser sein gutes Benehmen bei, legte zwar ein Mal Protest ein, bekam Gelb dafür und konzentrierte sich dann nur noch auf das rein Sportliche. Er schlug Stefan Fegerl mit 3:1, glich zum 1:1 aus. Als Kilian Ort nach großartiger Gegenwehr gegen den Doppel-Vizeweltmeister Alvaro Robles in einem 50:50-Duell auf Augenhöhe mit 2:3 unterlegen war, schubste Steger auch den Lokalmatador Benedikt Duda (3:1) vom Sockel und glich zum 2:2 aus. Weil Stegers Schulter ausgereizt war, ging es dem Schiedsrichter jetzt um Zentimeter bei der Höhe des Ballwurfs beim Aufschlag – mindestens 16, und die Sekunden bis zum Aufschlag, höchstens 15.

Am Ende aber siegte doch die Gerechtigkeit. Kilian Ort/Filip Zeljko wurden im Entscheidungsdoppel das bislang beste Doppel der Liga Robles/Fegerl vorgesetzt. Dramatik pur ab 23 Uhr. Eine Dreiviertelstunde später lagen sich die Grabfeld-Jungs in den Armen. Bei 7:7 im dritten Satz tauchte Filip Zeljko im Visier des Schiedsrichters auf, wurde ihm ein Punkt weggenommen (16 cm!) und dem Gegner gutgeschrieben. Fehlerlos spielten sie weiß Gott nicht. Aber mit Nerven wie Drahtseilen und einer mentalen Feinabstimmung, indem sie sich abwechselnd ihre Durchhänger nahmen und vom Partner mit hoch gezogen wurden. Kurz vor Mitternacht war der Spuk zu Ende, und um 0:44 postete Basti Steger in seine sportliche Wahl-Heimat: „Es war ein geiler Sieg, auch wenn alles gegen uns gelaufen ist.“

Ergebnisse:
TTC Schwalbe Bergneustadt – TSV Bad Königshofen 2:3
Benedikt Duda – Filip Zeljko            3:1 (6:11/11:6/11:6/11:6)
Stefan Fegerl – Bastian Steger         0:3 (11:13/9:11/8:11)
Alvaro Robles – Kilian Ort                3:2 (11:5/6:11/11:7/7:11/11:8)
Benedikt Duda – Bastian Steger      1:3 (11:6/5:11/11:13/8:11)
Fegerl/Robles – Zeljko/Ort              2:3 (9:11/13:11/14:12/12:14/7:11)