TSV bleibt in der Erfolgsspur

TTBL

In einem wahrhaften Krimi sichert das Schlussdoppel den Sieg

Bad Königshofen (rd) Als hätten sie´s geahnt, dass es ein langer Nachmittag werden würde, ließ man im Wingert Dome von Bad Homburg die nach dem zweiten Einzel üblichen 15 Minuten Pause ausfallen. Es dauerte nämlich auch so schon drei Stunden, ehe die vier Einzel beendet waren, in denen es drei Mal über fünf Sätze ging, ein Mal über vier. Am Ende gingen die Gäste aus dem Grabfeld am Sonntag „gaudete“ nach zwei Rückständen glückstrahlend, aber nicht als glücklicher, sondern verdienter Sieger aus der Halle. Die Aufgabe war genau so schwer, wie sie Insider erwartet hatten. In den dreieinhalb Jahren 1. Bundesliga haben sich die Königshöfer als vermeintlich klarer Favorit noch nie so schwer getan. Diese Bad Homburger aber werden in der Rückrunde noch manchem Gegner Rätsel aufgeben.

Am Ende unlösbar war das Rätsel Gustavo Tsuboi für Abel-Kader Salifou. Da war er wieder einmal  Filip Zeljko vorgezogen worden, hatte sehr gut ins Spiel gefunden, den ersten Satz gewonnen und im zweiten 10:5 gegen den Brasilianer, Nr. 44 der Weltrangliste, geführt. Dann kippte er völlig aus den Pantoffeln. Zwei Netzbälle gegen ihn von 10:8 zum 10:10, und schon war der Satz weg. Die Entscheidung fiel im dritten der vier Durchgänge mit drei sehr seltsamen Situationen. Statt 7:6 für Salifou, gab er mit gewohnter Fairness einen Kantenball bei sich zu zum 6:7. So weit so gut. Als zwei Bälle später aber von den beiden Tischschiedsrichtern einer pro und einer contra Salifou entschied und der sich durchsetzte, war es – etwas unglücklich gelaufen. Als beim nächsten Aufschlag Salifou bei seinem Gegner einen Ball am Trikot gesehen  hatte und das monierte, blitzte er wieder ab – keine Rückzahlung der Fairness. Das war zu viel für den Feingeist Salifou, der völlig aus der Balance geriet, mit seinem Gegner schon, aber mit der Situation nicht mehr zurecht kam. Die größere emotionale Robustheit entschied für Tsuboi.

Damit war Bastian Stegers Auftrag klar formuliert: Gewinnen und den Rückstand ausgleichen, so nebenbei auch seine persönliche 6:7-Bilanz. Doch der junge Russe Lev Katsman (19) ist körperlich schon ein Riese und er wird es womöglich in eins zwei Jahren auch sportlich. Im ersten Satz benötigte Steger vier Satzbälle zum 13:11. Im zweiten verwandelte er bei 10:3 erst den vierten zum 11:7. Den dritten holte der einen Kopf größere Katsman mit 11:8. Und im vierten spielte er vielleicht das beste Tischtennis seiner jungen Karriere. Wahnsinnig aggressiv ging er zu Werke. Bissig und mit dem Messer zwischen den Zähnen übte er unglaublichen Druck auf Steger aus, spielte fast fehlerlos und ritt auf einer Welle. Eine beeindruckende Entwicklung zur Wende in diesem Spiel – 11:6 für Katsman, 2:2-Ausgleich. Es schien das Spiel zu werden, das über den Gesamtsieg vorentscheiden konnte. Dass sich Steger da noch befreien konnte, dafür sorgten alle nur denkbar guten Tugenden, über die ein Klassespieler nur verfügen kann – 13:11 im fünften Satz mit dem dritten Satzball – 2:1 für Bad Königshofen.

Würde nun Kilian Ort den Sack zumachen können mit seiner aktuell so bestechenden Form? Doch Vorsicht: Der 19-jährige Rumäne hatte vor zwei Wochen in Düsseldorf gegen Timo Boll und Anton Källberg je zwei Sätze gewonnen. Diesmal reichte Orts Mehr an Erfahrung nicht, ging Sipos nach fünf Sätzen als Sieger vom Tisch – der zweite Vorsprung von Bad Homburg, dem Aufsteiger.

Sollte Bastian Steger (39) im Duell der Einser, der Routiniers und der beiden Ex-Bremer gegen den Brasilianer Tsuboi (35) seine Mannschaft wieder ins Spiel zurück bringen können? Bei 1:2 Sätzen und 8:8 im vierten war er nur drei Punkte von seiner und der Niederlage seiner Mannschaft entfernt. Phänomenal, wie der Oberpfälzer im Team der Unterfranken selbst bei diesem Spielstand Tsubois Bälle aus der Tischferne zurückbrachte und seinem Auftrag des Leaders der Mannschaft gerecht wurde. Die nächsten drei Punkte gehörten ihm, 11:8 und fünfter Satz (11:5), in dem er nichts mehr anbrennen ließ – 2:2 und Entscheidung im Schlussdoppel. Wobei überraschte, dass Gastgeber-Coach Tobias Beck das Erfolgsdoppel vom letzten Sonntag beim 3:2 gegen Grenzau Katsman/Grebnev trennte und Nils Hohmeier (22) für Grebnev ins Boot holte.

Während Ort/Zeljko sofort weiter ritten auf der Erfolgswelle ihres Siegs gegen eben diese Grenzauer. Im ersten Satz waren sie mit dem hier überragenden Ersatzmann Filip Zeljko sofort im Spiel – 11:5. Auch der zweite ging sehr schnell mit 11:6 an das emotionalste Doppel der Liga. Doch dann wurde es wesentlich ausgeglichener. Die Homburger setzten sich im dritten Satz mit 5:0 ab. Die Aufholjagd reichte bis zum 8:9 und 9:10 und war doch umsonst – 9:11. Im vierten Satz passte es wieder viel besser mit den sehr gut eingespielten und harmonierenden Ort/Zeljko. Drei Mal mussten die TSV-Fans in der Heimat noch zittern bei 10:6. Drei Matchbälle gingen flöten. Der zum 10:9 sogar durch einen Fehlaufschlag, den es selten genug gibt: auf die falsche Tischseite. Doch beim 11:9, nach 3:36 Stunden lagen sie sich in den Armen. Irgendwann im Frühjahr wird man mehr wissen: Vielleicht waren es am dritten Advent die vorentscheidenden zwei Punkte zum Klassenerhalt.

Ergebnisse:
TTC OE Bad Homburg – TSV Bad Königshofen 2:3
Gustavo Tsuboi – Abdel-Kader Salifou          3:1 (7:11/12:10/11:8/11:5)
Lev Katsman – Bastian Steger                       2:3 (11:13/7:11/11:8/11:6/11:13)
Rares Sipos – Kilian Ort                                 2:3 (7:11/11:7/9:11/11:8/11:8)
Gustavo Tsuboi – Bastian Steger                   2:3 (8:11/11:9/11:8/8:11/5:11)
Katsman/Hohmeier – Ort/Zeljko                   1:3 (5:11/6:11/11:9/9:11)