Düsseldorf ist nicht Entenhausen

TTBL

Kilian Ort gewinnt trotz Verletzung sein Einzel, der TSV unterliegt aber in Düsseldorf mit 1:3

Bad Königshofen (rd) Wenn David gegen Goliath, Bad Königshgofen gegen Düsseldorf, gewinnen will, dann muss alles passen und beim Gegner einiges nicht. Es ging diesmal anti-biblisch aus: Der 30-fache Deutsche Meister ließ diesmal den TSV nicht aus der Underdog-Roille heraus und behielt mit 3:1 die Oberhand. Allerdings verlor diesmal beim sechsten Saison-Sieg in Serie zum ersten Mal ein Düsseldorfer Spieler ein Match. Beim 3:1 gegen Grenzau war es Trainer Danny Heister. Diesmal hinderte Kilian Ort nicht einmal eine Verletzung während des Spiels, um seinen Kollegen aus der Trainingsgruppe von Helmut Hampl und aus der Nationalmannschaft Ricardo Walther zu besiegen und seine Bilanz auf 3:0 auszubauen.

Doch der Reihe nach! Zunächst mal lief alles wie mehr oder weniger erwartet. Filip Zeljko, der acht Tage zuvor noch so überragend spielte und begeisterte gegen den Ex-Europameister Lebesson, büßte seine weiße Weste (2:0-Bilanz) gegen den Mann der Stunde in der TTBL Anton Källberg ein. „Filip ist total motiviert da rein gegangen, vielleicht übermotiviert“, hatte der TSV-Manager Andy Albert beobachtet. „Er wollte fast etwas zu viel und machte zu viele Fehler. Während Källberg (jetzt 7:0-Bilanz) überragend spielte und kaum einen leichten Fehler machte.“ Von den beiden mit gleich offensivem Spielsystem hatte der Schwede das kontrolliertere und vor allem flexiblere. Zeljkos Handicap, die schwächere Rückhand, beackerte er bedingungslos und ließ ihn nur selten zu seiner Spezialwaffe, der knallharten Vorhand, in die richtige Stellung kommen. Nach einer Viertelstunde war Filip entzaubert.

Dann kam es zum All-Time-Klassiker Timo Boll gegen Bastian Steger. Viereinhalb Monate war Boll außer Gefecht wegen einer Verletzung. Ein 39-Jähriger, der schon alles erreicht hat bis einschließlich zwei Mal die Nummer 1 der Welt, kuriert das eben anders als ein Junger auf dem Weg nach oben. „Ich habe es geduldig auskuriert und meine Form konsequent wieder aufgebaut“, verriet Boll hinterher. Dass er es ausgerechnet gestern wieder versuchen würde, war fast zu erwarten. Es ist auch ein Zeichen seines Respekts gegenüber den Königshöfern, gegen die er persönlich und mit dem Team auch schon verloren hat. Die beiden Gleichaltrigen, Steger ist elf Tage jünger, verbindet in  ihrer ganz langen gemeinsamen Vita sehr viel: Als Teamkollegen zwei Mal auf dem olympischen Podest und als Deutsche Meister mit der Borussia miteinander – im DTTB-Trainingszentrum in Düsseldorf und in der TTBL gegeneinander.

Wie viel Zeit würde Steger bleiben um herauszufinden, was Boll schon wieder kann und was nicht. Im ersten Satz nicht viel, er ging 11:7 an Boll. Im zweiten und dritten aber spielten die beiden total auf Augenhöhe, wobei der zweite der Königssatz dieses Nachmittags mit Weltklasse-Ballwechseln am Fließband war. Eine volle Halle hätte getobt, der Livestream-Kommentator tat es: „Ich raste aus. Und das alles gratis hier im Internet, Wahnsinn!“ So schön es auch war. Bastian Steger war in beiden Sätzen ganz nah dran, hatte einen Satzball und verlor 13:15 und 9:11.

Weil keine Zuschauer da waren, entfiel die Pause und mit dem Duell Walther gegen Ort, das beide ihr Leben lang nicht vergessen werden, ging´s gleich weiter. Kilian Ort, der zwei Wochen lang kaum trainieren konnte wegen eines Eingriffs an der Fußsohle, („ich bin einer, der viel Training braucht“) führte nach 8:11 im zweiten Satz mit 7:2. Endlich hatte er ihn sich zurecht gestellt. Bei einem Vorhandtopspin stockte den Beteiligten in der Halle und den Fans daheim am Bildschirm der Atem. Ein kurzer Aufschrei, nicht wegen des 7:3, sondern wegen einer Zerrung im rechten Rückenbereich. Ort machte noch das 8:3 und verschwand dann zur Diagnose und Behandlung in der Umkleide. Aufgabe hätte Spielende nach weniger als einer Stunde bedeutet. Koji Itagaki fragte Andy Albert, ob man ihn raus nehmen solle. Der und sein Firmpate Kilian entschieden auf „Weitermachen, auch weil bis zum nächsten Spiel zwei Wochen Pause ist.“

Die erlaubten zehn Minuten schienen diesmal etwas länger zu dauern. Schließlich kennt man sich zu gut, um auf Paragraphen zu reiten. Ort spielte weiter, obwohl sein Bewegungsapparat alles andere als austherapiert aussah. Der mitgereiste Physio hatte aber gute Arbeit geleistet, vielleicht sogar mit Langzeitwirkung für Kilians Kopf. Er rettete sich zum 11:6 und in den dritten Satz. Es war nun natürlich ein ganz anderes Spiel. Ort: „Schmerzfrei konnte ich keine Vorhand spielen, musste Ric zu kurz-kurz oder Rückhand zwingen.“ Was so einfach auch wieder nicht ist. Ohne Ausfallschritt, das rechte Bein nachziehend, zog er Walther herunter und gewann auch den dritten und vierten Satz. Und bat hinterher um Verständnis für ihn: „Es ist schwierig, gegen jemanden zu spielen, der limitiert ist. Ich habe so was auch noch nicht erlebt. In unseren Duellen war es immer knapp, meistens hat er gewonnen.“

Und zum Gesamtergebnis: „Basti weiß, wenn wir was reißen wollen, brauchen wir seine Unterstützung. Aber jeder hat mal einen nicht so optimalen Tag.“ Erstmals im TSV-Trikot verlor Steger (0:3 gegen Källberg) beide Spiele ohne Satzgewinn. Ort: „Aber Düsseldorf ist ja auch nicht Entenhausen.“

Ergebnisse:
Borussia Düsseldorf – TSV Bad Königshofen 3:1
Anton Källberg – Filip Zeljko              3:0 (11:8/11:4/11:4)
Timo Boll – Bastian Steger                  3:0 (11:7/15:13/11:9)
Ricardo Walther – Kilian Ort               1:3 (11:7/6:11/8:11/10:12)
Anton Källberg – Bastian Steger         3:0 (11:4/12:10/11:9)