Prognosen sind kaum möglich

TTBL

An diesem Sonntag beginnt für den TSV Bad Königshofen die vierte und bis jetzt am schwersten zu prognostizierende Saison in der TTBL.

Bad Königshofen (rd) Endlich einmal verletzungsfrei durch die Saison kommen, dann könnte man wirklich mal die Play-Off-Plätze 1–4 in Angriff nehmen. Dazu das Quartett Bastian Steger/Mizuki Oikawa/Kilian Ort/Filip Zeljko durch einen fünften Mann, am besten einen Linkshänder für das Schlussdoppel, ergänzen. Wie Seifenblasen platzten dann seit Mitte März ein Plan nach dem anderen beim Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen. Oikawa blieb wegen Corona in seiner Heimat. Wie groß die Spuren des kleinen Mannes aus Japan sind, wird sein Nachfolger Abdel-Kader Salifou aus Frankreich zu spüren bekommen. Den fünften Mann, um bei der Aufstellung bzw. bei Ausfällen auch einmal, wie die Konkurrenten, adäquat reagieren zu können, konnte man sich nicht mehr leisten. „Es wird wohl doch eher eine Übergangssaison. Unsere Zuschauer werden dennoch wieder großartigen Sport geboten bekommen“, versprach Manager Andy Albert im Frühjahr, immer positiv drauf, die Stimmung hoch haltend.

Doch Mitte letzter Woche kamen zwei Hiobsbotschaften hintereinander, fast gleichzeitig: Erst die Nachricht vom Landratsamt, das zwar die Durchführung des ersten Spiels genehmigte, allerdings ohne Zuschauer. Ausgerechnet der TSV Bad Königshofen, der kleinste Verein aus der kleinsten Stadt mit dem zweitgrößten Zuschauerdurchschnitt der letzten drei Spielzeiten, mit der größten Fanunterstützung, wie alle Gastmannschaften bestätigen. Wenn sie die ShakehandsArena betreten – „was ist denn bei euch los?“ – und nach dem Spiel erst recht. Die beiden Geschäftsführer der TT Bad Königshofen GmbH Andy Albert und Udo Braungart, das Orga-Team und viele Helfer haben Schwerstarbeit geleistet, sich auf jede neue Pandemie-bedingte Vorgabe eingestellt und sie umgesetzt.

Andy Albert schätzt die derzeitige Situation ganz realistisch ein. „Eine Prognose abzugeben, was wir vorhaben und was ich unserer Mannschaft zutraue in dieser ganz speziellen Saison, ist ganz schwierig. Sie ist ja nicht wirklich planbar. Ich wäre am Ende mit einem Mittelfeldplatz zwischen 6 und 10 zufrieden. Inzwischen hat uns mit unserem Neuzugang Abdel Salifou ja auch noch der erste Corona-Fall getroffen. Da kann noch so viel in dieser Saison auf uns einprasseln, auf die anderen Mannschaften natürlich auch. Es sind viel Fragen offen, z.B. können die die ausländischen Spieler der Teams zu den Spielen anreisen? Müssen sie in Quarantäne? Können die Asiaten überhaupt kommen?  Da wirkt dieser Schlag mit dem Weggang von Mizuki Oikawa auf einmal gar nicht mehr so schlimm. Im Gegensatz zu mehreren anderen Vereinen sind unsere Spieler ja alle aus Deutschland oder der unmittelbaren Nähe.“

Albert setzt eindeutige Prioritäten, bewies das schon, als er Oikawa aus dem laufenden Vertrag entließ: „Vorrang hat die Gesundheit der Spieler und unserer Fans. Deshalb haben wir ein lückenloses Hygiene-Konzept entwickelt, sehen aber dennoch ein, dass wir zunächst noch ohne Zuschauer spielen müssen. Es ist für uns aber ein riesiger Nachteil, denn keine andere Mannschaft bekommt so viel Unterstützung wie unsere. Unsere Spieler bestätigen es immer wieder, dass die Fans für zwei bis drei Bälle pro Satz gut sind. Jetzt müssen sich die Spieler selber pushen. Wir hoffen, dass wir ihnen wenigstens im Livestream auf Sportdeutschland.tv spannende Spiele liefern können.“

Man lebe natürlich ständig in der Angst, dass sich ein Spieler irgendwo ansteckt. Sie trainieren ja in Düsseldorf (Steger/Ort), Saarbrücken (Salifou) und Zagreb (Zeljko) und kommen immer erst zwei bis drei Tage vorher zusammen. „Da kann natürlich sehr viel passieren. Für mich zählt dieses Jahr durchkommen: sportlich, gesundheitlich und finanziell.“ Albert schaut aber auch über den Tellerrand hinaus. „Wer weiß, wie sich die ganze Sponsoren-Situation entwickelt, wenn Tischtennis mehr von der Fläche verschwindet, wenn in der Öffentlichkeit und den Medien nur noch über Fußball und da nur über Profi-Fußball geredet wird und alle anderen Sportarten hinten runter fallen. Es wäre für uns tödlich, wenn der Sport weiter ruhen würde. Deshalb wollte die TTBL ja auch unbedingt mit dem Ligabetrieb anfangen, um im Gespräch zu bleiben. Ich hoffe, dass uns diese Entscheidung nicht auf den Fuß fällt. Ich hoffe auch, dass uns die lokale Politik, sprich Bad Neustadt, doch mal entgegenkommt, da unser Landkreis in Sachen Corona ja vergleichsweise gut dasteht und wir ein sehr gutes Hygiene-Konzept erstellt haben. Vor 250 oder 200 Zuschauern spielen zu dürfen, wäre ja besser als gar nichts.“

Die Spieler seien alle heiß und gut drauf. Filip Zeljko habe in Ochsenhausen wieder ein sehr starkes Turnier gespielt, „er ist in der Form seines Lebens. Schade nur, dass unsere Fans den Quadri Aruna von Fulda, immerhin die Nr. 20, den besten Afrikaner der Welt, nicht in der Halle sehen können.“

Kilian Ort findet ebenfalls, dass „keine Prognosen für diese Saison möglich sind. Komisch finde ich auch, dass der Spielplan erst für die Vorrunde steht, weil man Rücksicht nehmen will auf internationale Turniere, die es 2021 hoffentlich wieder gibt. Und noch was: Ich weiß nicht, ob es das schon mal gab, dass zur Winterpause ein Spieler den Verein wechseln darf. Das ist ja auch eine nicht uninteressante Option.“ Auf seine Mannschaft bezogen, befürchtet er, „dass wir uns im Vergleich zur letzten Saison personell einen Tick verschlechtert haben. Mizuki hatte eine total positive Bilanz, Abdel eine negative. Dennoch denke ich nicht, dass uns jemand unterschätzt, zumal wir mit Basti einen erfahrenen Mann vorne dran haben. Dann sind eben Filip und ich speziell gefordert, dass wir besser spielen als letztes Jahr. Ich hoffe, der Filip macht uns gehörig Druck und versucht Abdel und mich vorrangig auf die Bank zu verbannen. Das kann nur gut sein für uns. Ich hoffe, dass er schon mal gegen Fulda einen guten Einstand feiert.“

Er selber sei schließlich viel verletzt gewesen. „Das hoffen wir, mit unserem neuen Physio-Team minimieren zu können. Jetzt darf natürlich keiner mehr ausfallen, sonst stehen wir blöd da. Mannschaftsintern verstehen wir uns sehr gut. Jetzt müssen wir noch ein Stück mehr zusammen rücken, bitte nicht wörtlich nehmen, und über den Teamgeist kommen. Die Zuschauer werden uns natürlich sehr fehlen, während die meisten anderen Vereine, mit kleineren Hallen als wir, vor Zuschauern spielen dürfen.“ Das Wort „Wettbewerbsverzerrung“ nimmt Ort nicht in den Mund, fragt sich aber, „ob das so wirklich okay ist. Es gibt aber für die Politiker wichtigere Themen als den TSV Bad Königshofen. Uns fehlt jedenfalls jeder einzelne Zuschauer. Es beeindruckt sonst die Gäste schon, wenn sie wissen, es wird bei uns stimmungstechnisch ungemütlich für sie.“

Prognosen seien nahezu unmöglich, weil es jeden erwischen könne mit einer Ansteckung. „Es ist wichtig“, so Kilian Ort, „dass wir gesund bleiben, dem Virus so weit wie möglich ausweichen und uns nicht verletzen. Wir müssen uns gegenseitig so heiß machen, dass wir den Nachteil der fehlenden Zuschauer kompensieren können.“

Und für den Fall, dass doch einmal mehr als ein Spieler ausfallen sollte, hat der Sportliche Leiter und andere Geschäftsführer Udo Braungart nachträglich zwei weitere Lizenzen bei der TTBL beantragt: Für einen Oldie und einen Mini: Richard Vyborny (49) und Akito Itagaki (15).