Düsseldorf gewinnt erstmals „Heimspiel“ gegen den TSV

TTBL

Auch für Bastian Steger war es ein besonderes Heimspiel in seiner Oberpfälzer Heimat

Bad Königshofen (rd) Der letzte Ballwechsel dieses Spiels zwischen dem „unterbrochenen“ Serienmeister Borussia Düsseldorf und dem TSV Bad Königshofen in der Stadthalle von Maxhütte-Haidhof, jener zwischen Timo Boll und Bastian Steger, war symptomatisch für dieses Spiel und die Qualität beider Mannschaften. Bei 14:13 Vorteil Boll eine sensationelle Rallye mit Ballon-Abwehr Steger: Hohe Tischtennis-Kunst der beiden „Freunde seit 30 Jahren“ und das bessere Ende für Boll. Zwei Teams auf Augenhöhe, die Wimpern des Siegers einen Tick höher. 3:1 für Boll, 3:1 für Düsseldorf, alles wie im Hinspiel. Aber die Serie von Düsseldorfs Heimniederlagen gegen die Grabfelder durchbrochen: Das Spiel fand ja auch nicht in NRW, sondern in der Oberpfalz statt.

1300 Zuschauer, zwar nicht alle so euphorisiert und emotional wie die rund 70 aus Bad Königshofen. Sie kamen mitunter aus dem Staunen nicht heraus. Man spürte halt doch einen Hauch von Diaspora in Sachen Tischtennis auf diesem Niveau. Und gleich im ersten Duell die dreimalige Nummer 1 der Weltrangliste Timo Boll gegen den zurzeit in Topform auftrumpfenden Mizuki Oikawa, seit kurzem die Nr. 61. Dessen Schlüssel zum Erfolg, wenn denn überhaupt: Bolls Aufschlag-Rückschlag-Spiel in den Griff bekommen. In der Summe der Vorteile machte es dann doch den Unterschied. Boll hat ja nicht immer gespielt diese Runde. Aber wenn er spielte, hat er immer gewonnen, 11:0-Bilanz.

Nur im zweiten Satz (11:6) drückte Oikawa dem Spiel den Stempel auf. In den drei anderen war der Altmeister der Souverän, obwohl es immer auf des Messers Schneide stand. Nur wenn Oikawa in Überform gespielt hätte, Höchstform reichte nicht, und Boll mit 99 Prozent, hätte er eine Chance gehabt – 0:1. Jetzt kam der Lokalmatador Bastian Steger in die Box gegen Kristian Karlsson, WR-28. Endlich hatte er sein Heimspiel und die Heimat ihren Basti live. Der Königshöfer war insgesamt (42:28 Bälle) der Dominator über die schwedische Nummer 2. Nur im dritten Satz verlor er nach 9:9 und eigenem Timeout gegen sich selber. Aber im vierten gelang ihm einfach alles – 1:1.

Wie stand es um die Verfassung von Kilian Ort im ersten Spiel nach seiner Bänderverletzung? Der erste Satz war ein Tanz, in dem Ort führte – 11:8 für ihn gegen Ricardo Walther. Aber in der „Tanzpause“ beim Coaching von Koji Itagaki schüttelte er unzufrieden mit sich selber den Kopf: Alles, nur kein Brust-raus-Gehabe. Es muss doch eine Frage des Selbstbewusstseins sein, wenn er dann den zweiten Satz 0:10 hinten liegt. Bei 0:5 testete er, ob bewusst oder unbewusst, aber erkennbar, die Belastbarkeit des rechten Fußes. Nix für den Kopf im Hochleistungssport. Im dritten und vierten demonstrierte er, welch großartiges Tischtennis er doch spielen kann. Doch Walther, der wesentlich Passivere, Geduldigere, entwickelt sein Spiel über Platzieren und dann Agieren oder Warten auf Fehler des Gegners. Während Ort eher auf aggressive Offensive setzt. Mit 9:11 und 10:12 wurde er aber unangemessen ungerecht abgestraft – 1:2.

Nun kam es also zum erhofften Einser-Duell zweier Legenden, die anderthalb Dekaden lang internationale Tischtennis-Erfolge für Deutschland geprägt haben: Timo Boll und Bastian Steger. Zwei Sandkasten-Freunde, beide demnächst 39, die sich seit ihrem neunten Lebensjahr national und international begleiten und zugleich bekämpfen. Nur von 2000 bis 2006 nicht, als beide bei der Borussia spielten. Wegen dieser Aushängeschilder und wegen des 50-jährigen Jubiläums der Tischtennisabteilung in Maxhütte-Haidhof kam der Deal mit dem Verkauf des Heimrechts der Düsseldorfer zustande.

Die vier Sätze, die die 1300 Zuschauer geboten bekamen, waren ihn schon alleine wert. Beide spielten groß auf, eine Show auf höchstem Niveau. Aber von wegen abgesprochene Show-Elemente! Hier stand die Play-Off-Teilnahme des Serienmeisters auf dem Spiel, Niederlage verboten. TSV-Manager Andy Albert haderte hinterher: „Kilians Spiel war der Knackpunkt. Wenn das im dritten Satz bei 9:9 oder im vierten bei 10:10 nicht kippt, geht’s ins Doppel. Und da wollte ich Karlsson/Walther gegen Oikawa/Ort erst mal sehen.“

In diesem Spiel war jedenfalls alles drin, was die Sportart so schön macht. Beispiel erster Satz, der Ball zum 6:6. Den spielte Linkshänder Boll, weit in die Vorhand raus gedrängt und von Steger tief in die Rückhand gehetzt, per Schlägerwechsel von der linken mit der rechten Hand: Absolut perfekt – unerreichbar. Und beim 7:6 spielte Steger den Ball aus der tiefen Rückhand um den Netzpfosten herum auf den Tisch – unerreichbar. Drei Sätze mit Minimalabstand. Im dritten gipfelte die Nervenschlacht in zwei Satzbällen für Steger, dann drei für Boll, der ihn 15:13 gewann. Insgesamt 156:146 Bälle für die Borussia: Maxhütte, Düsseldorf und sogar Bad Königshofen konnten zufrieden sein mit dieser Werbung für den Tischtennissport.

Ergebnisse:
Timo Boll – Mizuki Oikawa 3:1  (11:8/6:11/11:6/11:8)
(Kristian Karlsson – Bastian Steger 1:3  (6:11/8:11/11:9/3:11)
Ricardo Walther – Kilian Ort 3:1  (8:11/11:2/11:9/12:10)
Timo Boll – Bastian Steger 3:1 (11:9/10:12/15:13/11:6)
Oberschiedsrichterin: Rita Lindner
Zuschauer: 1300