Deutliche Niederlage im Derby

TTBL

Nur Kilian Ort überzeugte wirklich

Bad Königshofen (rd) Zwei Mal hatte der TSV Bad Königshofen im ersten Jahr im deutschen Tischtennis-Oberhaus gegen den TTC Fulda verloren, 1:3 und 2:3. Sollte jemand davon geträumt haben, dass der kesse erste Tabellenführer der neuen Saison nach zwei Siegen auch den dritten und damit den ersten gegen diesen Gegner feiern könnte, dann war der Traum relativ früh ausgeträumt. Diesmal zogen die Gäste aus Osthessen im Derby den Nordbayern klarer als zuvor mit 0:3 das Fell über die Ohren. Nach den Siegen in Bremen und Grenzau hatte man beim TSV die eigene Aufstellung total auf den Kopf gestellt. Der Underdog agiert noch nicht, er reagiert, schob Kilian Ort von 2 auf 1, Bence Majoros von 3 auf 2 und Mizuki Oikawa von 1 auf 3. Kilian Ort zur Begründung von Coach Koji Itagakis Maßnahme: „Hat man doch gesehen eben.“ Und das leicht säuerlich zudem: Es war in der Pause beim Spielstand von 0:2.

Dabei hatte der Lokalmatador als Einziger wirklich überzeugt. Er sollte gegen die beiden Abwehrspezialisten Wang Xi und Ruwen Filus die Kastanien aus dem Feuer holen. Ihm hatte Itagaki die Mittel zugetraut, mit denen, wenn überhaupt, diese beiden Defensivkünstler zu schlagen sein sollten. Seinen Nationalmannschaftskollegen Ruwen Filus hatte er im März bei der DM in Berlin im Viertelfinale besiegt. Gegen Xi hat noch kein TSV´ler gewonnen, nicht einmal Darko Jorgic. Ort, bisher in zwei Einzeln und einem Doppel unbesiegt, benötigte zwei Sätze, um sich ein Rezept zurecht zu legen, wie dem Deutsch-Chinesen mit dem fürchterlichen Unterschnitt durch seinen Außennoppen-Belag, wobei er ständig noch den Schläger dreht, beizukommen wäre. Nach 8:8 ein 8:11 im ersten Satz gab´s im zweiten sogar eine 4:11-Klatsche. Würde er da noch raus kommen, wäre er wirklich schon ein ganz Großer.

Und er kam heraus wie Phönix aus der Asche. „Kilian braucht jetzt eure Unterstützung“, forderte Hallensprecher Jürgen Halbig die 600 auf bzw. 550. Der Rest war aus Fulda und bereits im Überschwang der Gefühle. Bei 6:5 im dritten Satz die erste Führung für Ort. Er zog ihn mit 11:7 durch. 10:6-Führung im vierten, plötzlich nur noch 10:9. Doch Kilian stellte mit 11:9 alles wieder auf Null. Im fünften wurde es dramatisch. Jetzt griff Xi immer häufiger selber an, drehte Orts 7:3-Vorsprung auf 9:7 für sich. An dieser 6:0-Serie zerbrach Kilian Ort. Doch was heißt zerbrach bei 9:11, zwei lumpigen Bällchen! So nah war Xi noch nie am Abgrund gegen die Königshöfer. Und dennoch: Itagakis Aufstellungspoker hatte den ersten Knacks weg. Um gegen Ruwen Filus den einen, eingeplanten Punkt holen zu dürfen, hätten seine Teamkollegen mindestens ein Spiel gewinnen müssen. Was ja besonders von Mizuki Oikawa zu erwarten war.

Von Neuzugang Bence Majoros eher nicht. Der junge Ungar, aus der zweiten Liga von Borussia Dortmund zum TSV gekommen, spielte vor so großem Publikum wie noch nie mehr beeindruckt als beflügelt. Und dann so ein Kaliber von Abwehrkünstler mit Ruwen Filus gegenüber, die Nummer 19 der Weltrangliste, der wahrscheinlich beste Defensivspieler der Welt, der selber jede Gelegenheit zum Konter nutzt. Es zeigte sich auch, dass das viel gepriesene Königshöfer Publikum auch erst erobert sein will: Erst die Leistung, dann die Zuneigung. Doch der gute Bence fand eigentlich nie die probaten Mittel, um Filus wirklich in Bedrängnis zu bringen. Immerhin: bei 6:6 im zweiten Satz und der ersten Führung zum 7:6 waren die „Bence-Bence-Rufe“ auf einmal da.

Nicht nur Bence muss sich an diese Liga gewöhnen, auch die Leute an Bence. Bis 9:9 war er dabei. Dann halfen vier ganz gemeine „Bauern“ von Netzroller hintereinander dem deutschen Nationalspieler und Olympia-Medaillen-Gewinner: Die ersten zwei zum 9:11 und die nächste zwei Satz-übergreifend zum 0:2. Majoros enttäuschte nicht. Ein solcher Senkrechtstarter wie Jorgic ist er eben nicht, 8:11 im dritten Satz und 0:2 für die Gäste zur Pause. In dieser sah Kilian Ort dennoch Möglichkeiten: „Wenn der Mizuki gegen Pucar gewinnt, gegen den ich noch nie gewonnen habe, und ich gegen Filus, kommt´s zum Doppel. Dann wollen wir erst mal sehen.“ Bei dem er als Einser aber gar nicht hätte mitspielen dürfen.

Es kam aber nicht dazu, weil Tomislav Pucar, Fuldas Neuzugang, mit seinen 1,97 m noch über sich hinaus wuchs und den 1,61-er Mizuki Oikawa, der in der besten Form seines Lebens anreiste, von Wolke sieben herunter holte. Dieser Reichweiten-Vorteil des Kroaten war durch noch so viel Laufarbeit des Japaners nicht wettzumachen. So schnell kann eine Topform dahin sein. Oikawa, der den Königshöfern schon so viel Freude bereitet hat, fand nie zu seiner Normalform, während Pucar Kilian Orts Rechnung für nichtig erklärte. Der TSV Bad Königshofen ist wieder geerdet. Für den Kampf um die Top-4 der Liga reicht´s halt doch noch nicht. „Wir müssen unsere Punkte gegen andere holen“, lautete denn auch Manager Andy Alberts Devise. „So was wie heute ist immer mal drin. Wir werden´s überstehen.“

Ergebnisse:
Kilian Ort – Wang Xi (8:11/4:11/11:7/11:9/9:11) 2:3
Bence Majoros – Ruwen Filus (6:11/9:11/7:11) 0:3
Mizuki Oikawa – Tomislav Pucar (11:7/5:11/5:11/7:11) 1:3
Oberschiedsrichter: Joachim Car
Zuschauer: 600